Sinatra & Jobim :: The Complete Reprise Recordings
Die Bossa-Nova-Arbeiten des ungleichen Duos aus den Sechzigern
Ungewohnt zögerlich reagierte Frank Sinatra, als die „Getz/Gilberto“-LP mit den unglaublich erfolgreichen Jobim-Kompositionen (als erste Jazz-Platte überhaupt) mit drei Grammys, darunter dem für das Album des Jahres 1964, ausgezeichnet wurde. Möglicherweise hielt er diesen ganzen Bossa Nova für eine genauso vorübergehende Mode-Erscheinung wie die akute Beatlemania. Mit „Strangers In The Night“ schaffte er es immerhin, „Paperback Writer“ von Platz 1 der Hitparade zu verdrängen. Aber als die Kritik die erfolgreiche „That’s Life“-LP eher reserviert bewertete, hielt er es doch für angebracht, endlich auch ein Bossa- Nova-Album einzuspielen.
Als Songlieferanten gewann er den renommiertesten in diesem Genre, und Claus Ogermann war selbstverständlich der bewährte Arrangeur. Aber wie Stan Cornyn in seinen faszinierenden Liner Notes erzählt, erwies sich diese musikalische Zusammenarbeit als eine höchst delikate Angelegenheit. Nach den ersten neunstündigen Sessions erklärt der scheue Brasilianer dem drängenden Star: „Ich rede nicht so viel; Sie dagegen scheinen nie ängstlich zu sein …“ Ein perplexer Sinatra wundert sich, was ihm dieser Komponist zu erklären versucht. Jobim daraufhin: „Sie scheinen überhaupt keine Angst zu kennen. Sie sind stark, ein Bulle.“ Weil er hier weithin aus der gewohnten Rolle des Crooners schlüpfen muss und die Jobim-Songs nicht souverän als Saloon-Kabinettstücke vortragen kann, witzelt Sinatra: „Ich habe nicht mehr so sanft gesungen, seit ich eine Kehlkopfentzündung hatte.“
Was immer noch verblüfft, ist die Dezenz, mit der sich Sinatra und der dirigierende Ogermann dem für sie so ungewohnten Songmaterial näherten. Dass er sich brillant in die als Bossa Nova arrangierte Irving-Berlin- und Cole-Porter-Vorlagen einfühlen würde, war zu erwarten. Bei Originalen wie „Quiet Nights of Quiet Stars (Corvovado)“, „Meditation (Meditação)“ oder „Once I Loved (O Amor en Paz)“ nicht unbedingt. Zur selben Form lief Sinatra bei den späteren Sessions Mitte Februar 1969 für das zweite Bossa-Nova-Projekt auf. Neben dem diesmal noch mehr als Sänger eingebundenen Jobim wollte er sich als großer Bossa-Nova-Interpret profilieren. Unzufrieden mit einigen Takes, zog er die LP kurz nach der Veröffentlichung zurück, nur um sieben der zehn Songs drei Jahre später als A-Seite der „Sinatra & Company“-LP zu präsentieren. Die Aufnahmen erstmals auf einer CD zusammenzufassen, war die richtige Idee. (Universal) franz schöler