Mark Olson :: Many Colored Kite
Fantastische Folk-Songs mit Jolie Holland und Vashti Bunyan
Wenn ich’s recht verstanden habe, dann war Mark Olson drauf und dran, seine ganze Tatkraft der Einrichtung eines Geologie-Museums zu widmen. Bis doch noch Kunde kam, dass eine Plattenfirma den „Many Colored Kite“ steigen lassen wollte. Woraufhin er Mineralien wieder Mineralien sein ließ und seine neue Liebste Ingunn Ringvold bat, sie möge auch ihren Job schmeißen und wieder mit ihm und dieser Musik auf Tour gehen.
War die im Exil durchlittene Trennung von Victoria Williams 2007 noch für den Brustlöser „Salvation Blues“ gut, so kann der Ex-Jayhawks-Mann erst jetzt wieder richtig frei durchatmen und sogleich emphatisch den hochfliegenden „Little Bird Of Freedom“ besingen – gemeinsam mit Jolie Holland und Ringvold, die hier auch als Co-Autorin auftritt, dem Album aber vor allem als zweite (Harmonie-)Stimme eine leuchtende Farbe zu geben vermag. Sonst rekrutierte Olson für die Aufnahmen in Portland zwar vornehmlich US-Fachkräfte wie Drummer Danny Frankel, Neal Casal und Produzent Beau Raymond, der zuletzt schon seine Reunion mit Gary Louris beaufsichtigt hatte. Doch klingt er in brillanten Songs wie „Beehive“ und „Kingsnake“ (jeweils mit delikatem Streicher-Arrangement seines Geigers Michele Gazich) immer weniger nach Americana – und immer mehr wie einer dieser verkannten Brit-Folkies, deren Arbeitsethos er während seiner Auszeit in Wales schätzen lernte. Das Harmonie-Gastspiel von Vashti Bunyan im zarten „No Time To Live Without Her“ passt da bestens ins Bild.
So feiert und beschwört Mark Olson auch in Songs wie „Bluebell Song“, „Wind And Rain“ (mit einer Kindheitserinnerung als spoken-word-Einlage), „More Hours“ die Liebe, den Augenblick, die Natur und die Metaphysik von Begegnungen, wie nur er es kann. Und sitzt bei „Morning Dove“ zum ersten Mal allein mit seiner Akustik-Gitarre an seinem Haus beim Brunnen. „My loved one walks on water“, singt Olson, „be still, we will know our lives are true.“ Ja, die Steine müssen noch warten. Da ist doch noch so viel Musik, die auf ihn wartet. (Rykodisc/ADA) Jörg Feyer