Dr. Dog – Shame, Shame
Es hat lange gedauert bis sich Dr. Dog daheim in Philadelphia vor die eigene Haustür gewagt und ein echtes Aufnahmestudio gebucht haben. Seit 2001 macht die Band um Scott McMicken und Toby Leaman Platten. Für „Shame, Shame“ hat sie sich nun in die Obhut des Produzenten Rob Schnapf (Beck, Elliott Smith) begeben, ließ sich von ihm aber ihre Schrulligkeiten nicht austreiben.
Wie auf den Vorgängern gleichen die Songs auf „Shame, Shame“ Schichttorten aus Indie, Sixties-Pop und Alternative Country. Nach der verspielten Eröffnung in „Stranger“ mit den wie immer fabelhaften Harmoniegesängen überzeugt das Nachtstück „Shadow People“: eine triste Neonimpression, in deren Straßen Haie durch die Nacht schwimmen und jeder Schatten zum Star wird.
Trotz des Pop-Appeals prägt eine düstere Stimmung das Album. Da ist zum Beispiel das countryeske „Station“ – ein Song übers Touren und darüber, immer wieder gehen zu müssen. Oder das wehmütige, mit Banjo verzierte „Where’d All The Time Go“. Im ungeduldig über Oktaven hüpfende „Later“ lauert hinter dem Discobeat Verzweiflung, durch „Someday“ tobt erst der Wind, dann ein nervöser Loop und schließlich eine gepfiffene Melodie.
Während sich die Selbstbespiegelung „Mirror, Mirror“ leichtfüßig im Kreis dreht, verarbeitet McMicken im hymnischen „Jackie Wants A Black Eye“ seine Depressionen, erzählt von in tausend Stücke zerbrechende Herzen und von der Vergeblichkeit, sich durch Treibsand zu mühen: „The more you fight, the more you sink!“ Der Titelsong schließlich – mit Jim James von My Morning Jacket als Gast – verneigt sich vor dem David Bowie der „Ziggy Stardust“ -Phase und kramt zur wimmernder Orgeln all die peinlichen Erinnerungen hervor, die sich zu Hause im Lauf der Jahre angesammelt haben.