Jonsi – Go
Jon Thor Birgisson, genannt Jonsi, wirkt wie ein sehr schüchterner, sehr zerbrechlicher Elf. Ein entrückter Ästhet, daheim in einer imaginierten Welt voller urwüchsiger Schönheit. Mit seiner Band Sigur Ros benutzt der 34-jährige Sänger und Gitarrist sogar eine eigene Kunstsprache – der Klang der Worte ist ihm wohl wichtiger als ihr Inhalt.
Nach „Riceboy Sleeps“, einem als Jonsi & Alex veröffentlichten, ätherischen Instrumentalwerk, das Jonsi zusammen mit seinem Lebenspartner Alex Somers und dem Streichquartett Amiina aufgenommen hat, erscheint nun das erste Soloalbum des Vokalisten und Songschreibers. „Go“ ist überraschend zugänglich, hat sogar grandiose Pop-Momente, und der Gesang ist komplett in englischer Sprache. Die Arrangements stammen von dem Pianisten, Komponisten und Philip-Glass-Protege Nico Muhly, der sonst für Björk und Antony & The Johnsons arbeitet. Dank seiner Geschicklichkeit werden Songs wie „Boy Lilikoi“ zu verzauberten Geschenken, die sich selber auspacken und immer neue Überraschungen hervorbringen.
„Sinking Friendships“ scheint in einem Ozean voller Champagner-Bläschen zu versinken. Jonsis übereinander geschichtete Stimmen flirren dazu wie die Laute eines Fabelwesens, das Orchester braust und der Perkussionist Samuli Kosminen entwickelt eigenartige Trommel-Rhythmen. Natürlich erinnert das oft an Sigur Ros. Doch statt klingender Naturschauspiele haben wir es hier mit einer eher künstlichen Welt zu tun. „Go“ scheint leichter, sanfter, luftiger – egal wie dramatisch das Orchester aufspielt. Man braucht vielleicht ein wenig, bis man einen Zugang findet. Doch dann möchte man das in Jonsis Haus in Reykjavik aufgenommene Album nicht mehr missen.