Josh Rouse – El Turista
Die sollen zu Hause bleiben und das Geld überweisen! Touri-Invasionen werden von Einheimischen, vom Aspekt der Existenzsicherung mal abgesehen, oft als Zumutung und Bedrohung ihrer Identität erlebt. Kann man verstehen – duo cappuccinos, aber pronto und so. Josh Rouse, Weltenbummler aus Nebraska, hat mit „El Turista“ gleich den ganzen musikalischen Kontext seiner neuen Heimat Spanien schanghait. „Ich weiß, dass es seltsam ist, wenn dieser Typ aus dem Mittleren Westen brasilianische Songs auf Spanisch singt. Keine Ahnung, ob das passt, aber ich mag, wie es sich anfühlt, sagt er.
Nun, dieses Album mit Migrationshintergrund tönt vor allem: aus der Zeit gefallen. Bei den zehn Songs fährt Rouse eine Armada smooth operierender, altertümlicher Klänge auf. Die Drums werden gefegt, Vibrafon und E-Piano klimpern, und die Strings säuseln wie damals beim müden Bar-Tanzorchester vor der letzten Bestellung. Verrückt, dass der Trip von Joshs Wohnsitz Valencia über Mexiko, Kuba bis nach Lateinamerika Songwriter-Roots in Brooklyn hat und von Langzeitkollaborateur Brad Jones in Nashville produziert wurde.
Eine konsequent rückwärtsgewandte mediterrane Melancholie weht warm, wenn Rouse im Cha-Cha-Cha-Rhythmus den „Lemon Tree“ umtanzt oder „Sweet Elaine“ zu soften Latin-Beats bittet, ihm die Lebensqualen zu erleichtern. Sein jazzig-lässiger „Cotton Eye Joe“ ist vom US-Bürgerkrieg ebenso weit entfernt wie der Kollege aus der schwedischen Techno-Hitschmiede. Der beste Track des Albums, „I Will Live On Islands“, würde mit lebensmunterem Groove und vokaler Farbe ideal als Bonus auf „Graceland“ passen. Bossa Nova, Rumba, Samba, der Ami nähert sich der fremden Tradition mit Leidenschaft und innerem Feuer. Erwärmen kann sich für „El Turisto“ den noch nur, wer grundsätzliche Neigung zu diesen Sounds empfindet. Andere werden die nahtlose Fingerübung würdigen – und sich gepflegt langweilen.