Mit gnadenlosem Spott demontieren die Coens die keile Welt eines Ehemannes. :: Kein Rabbi hilft
Der routinemäßige Gesundheitscheck beim Arzt verläuft noch bestens. Alles ist in Ordnung bei Larry Gopnik (Michael Stuhlbarg), jüdischer Physikprofessor, verheiratet, zwei Kinder im Teenageralter. Der Hypochonder kann durchatmen, und das sollte er auch, denn unmittelbar danach prasseln die Hiobsbotschaften auf ihn ein. In ihrer Komödie entfesseln Ethan und Joel Coen mit alttestamentarischer Wucht eine groteske Kettenreaktion an Katastrophen nach der Gesetzmäßigkeit: Wenn einmal etwas schiefgeht, dann geht alles schief.
Auch die Chaostheorie folgt ja einer Ordnung. Dass diese Formel auch für sein beschauliches Leben in einer kleinen Stadt im Mittleren Westen gilt, begreift der akkurate Akademiker Larry im Sommer 1967 erst, als er längst die Kontrolle verloren hat. Sein arbeitsloser Bruder Arthur (Richard Kind) hat sich bei ihm eingenistet und erhebt sich nur von der Stubencouch, um seine Furunkel auszudrücken. Sein Sohn Danny (Aaron Wolff) kifft, hört lieber Jefferson Airplane als Hebräisch und schwänzt die Schule. Tochter Sarah (Jessica Mc-Manus) beklaut ihn, um eine Nasenkorrektur bezahlen zu können. Nun will sich auch noch seine Frau Judith (Sari Lennick) scheiden lassen, um ihren hochnäsigen Liebhaber Ableman (Fred Melamed) zu heiraten. Bis dahin soll Larry in ein Motel ziehen. Zudem will ihn ein Student bestechen, droht er seinen Posten an der Uni zu verlieren, und holt er sich einen Sonnenbrand, als er die nackte Nachbarin im Garten beobachtet. Verzweifelt sucht Larry Rat bei drei Rabbinern. Deren Weisheit letzter Schluss: „Man kann nicht alles wissen.“
Mit beißendem Humor, für den selbst der Ausdruck pechschwarz zu schwach ist, reihen die Coens hier aberwitzige Nackenschläge, ohnmächtige Demütigungen und absurde Missgeschicke aneinander. Dafür sind die Brüder in ihre Heimat Minnesota zurückgekehrt, wo sie auch „Fargo“ drehten. Trotz des schmerzhaften Spotts ist diese Abrechnung mit ihrer Herkunft dennoch ein liebevolles Sittengemälde, das mit traditioneller jüdischer Selbstironie glänzt, die ja auch Woody Allen meisterlich beherrscht. Ihr Kamermann Roger Deakins, der für „No Country For Old Men“ eine Oscar-Nominierung erhielt, hat wieder perfekte Bilder komponiert. Und nach dem Star-Aufgebot von „Burn After Reading“ gewinnt die Geschichte diesmal durch das unbekanntere Ensemble an Profil.
Ein folgenreicher Autounfall stellt schließlich die Ordnung wieder her. Aber dann ist da noch ein Anruf…