Woodstock 40 – Three Days Of Peace & Music :: Sternen-Staub
Die amerikanische Ausgabe dieser Box mit sechs CDs (es gibt auch ein Kondensat auf zwei CDs) ist „Back To Yasgur’s Farm“ untertitelt – und der gütige Grundbesitzer fehlt hier nicht mit seiner staatstragenden Ansprache, die er bauernschlau-holperig begann, um dann immer flüssiger und feierlicher auf die weltgeschichtliche Bedeutung der Veranstaltung zu verweisen. Wie so vieles angeblich Improvisierte an jenem Wochende im August war auch Max Yasgurs joviale Ansprache wahrscheinlich gut vorbereitet und trug das Wichtigheimerische schon in sich.
Auch andere, aus dem Film bekannte Ansagen sind hier bewahrt: etwa die fürsorgliche Warnung vor dem braunen – statt grünen – Haschisch. 38 bisher unveröffentlichte Stücke enthält der Karton: mehr Creedence Clearwater Revival, mehr The Who, mehr Mountain, mehr Melanie. John Morris, Bert Sommer, Sweetwater, Quill werden noch einmal dem Vergessen entrissen; Blood, Sweat And Tears erklingen mit einem Song. Auch „The Rainstorm“ kommt zu seinem Recht, wahrlich einer der mächtigen Akteure von Bethel.
Hätte man solch ein Potpourri noch besser arrangieren können? Der Gemeinplatz „Jeder hat sein eigenes Woodstock“ gilt ja auch für alle, die nicht dabei waren – ein paar Milliarden Menschen mithin. Die können anhand der akkuraten Setlist endlich die korrekte Reihenfolge der Auftritte nachvollziehen, wengleich keine Uhrzeiten angegeben sind. Creedence Clearwater folgten mitten in der Nacht den Grateful Dead – ja, nach deren „Dark Star“ konnte kaum jemand vom großen Schlaf abgehalten werden. Fogerty hasste das Konzert deshalb – aber „Green River“, „Bad Moon Rising“ und „I Put A Spell On You“ hat die Schlummerstunde nicht geschadet. Janis Joplins Auftritt gilt als hysterisches Debakel -ja, aber war die Joplin nicht sowieso ein hysterisches Debakel? Jimi Hendrix erschien mit seiner großen Percussion-Hippie-Truppe und hatte Komplexes im Sinn – ja, aber hier hört man doch wieder nur das „Star-Spangled Banner“. Cocker grunzt, die Incredible String Band ist verschroben, die Who können kaum laufen vor Kraft und Prätention – keine besonderen Vorkommnisse.
Aber Crosby, Stills & Nash sind eben doch sehr gut mit den gezirpten, getschilpten „Suite: Judy Blue Eyes, „Guinnevere“ und „Marrakesh Express“ – und beim folgenden Set mit Neil Young, der diesen Auftritt stets als missglückt ablehnte. In Wahrheit sind „Sea Of Madness“ und „Wooden Ships“ nicht einen Deut schlechter als die Aufnahmen, der er sonst für die Nachwelt konserviert – bloß nicht von ihm verfasst.
Gestaltung und Fotos sind nicht zu üppig bei “ Woodstock 40″: Das Booklet zeigt nicht jedes Indiz, jedes Beweisstück, jede Hieroglyphe vom Schwarzen Brett. Und die Grafik ist heute schon wieder modern und cool. Falls man „cool“ noch sagt! Als „Woodstock Experience“ gibt es bei Sony Music übrigens die kompletten Konzerte von Johnny Winter, Sly Stone, Janis Joplin, Santana und Jefferson Airplane, gekoppelt mit deren Prä-Woodstock-Alben.