Tim Easton – Porcupine
Ja, er ist es. Zweifel sind gestattet, hat man den Wahl-Kalifornier aus Ohio doch eher als handelsüblichen Americana-Singer/Songwriter im Ohr (oder auch eher nicht). Doch mit seinem fünften Album kehrt Tim Easton nicht nur nach Nashville ins Alex The Great-Studio zurück, wo Brad Jones und Robin Eaton bereits sein Debüt „Special 20“ (1997) produzierten und samt Top-Musikern wie Gitarrist Kenny Vaughn (Lu Williams etc.pp) immer noch für künstleraffine Qualität bürgen. „Porcupine“ rekultiviert auch Eastons Mid-West-(Prä)Rock’n’Roll-Wurzeln – und das erstaunlich ungezwungen und vielseitig, kein Stück nostalgisch und ohne sein Format als Songschreiber unter Wert zu verkaufen.
Im Gegenteil. Mit „Burgundy Red“ setzt sich Easton gleich ganz frech zwischen Bo und Bob, der Titelsong – eine Hausnummer auf jedem besseren Mellencamp-Album – spinnt den Rockabilly-Faden furios weiter, und mittenmang trifft der pumpende Tamburin-Beat von „Broke My Heart“ auf die Zwölf. „The Young Girls“ nimmt feine Delta-Witterung auf, „Stormy“ ist ein höllischer Shuffle mit himmlischer Dynamik, und das düster-frenetische „Get What I Got“ klingt fast wie ein Outtake der Afghan Whigs (auch Ohio). Ebenso sind der liebliche Country-Rocker „7th Wheel“ und die schwebenden Swamp-Sounds der Liebeserklärung „Northbound“ wie gemalt für die heiser-trockene Stimme von Tim Easton.
Der kann auch immer noch ganz anders. Natürlich. Wenn er abschließend Amsterdam einen zarten Goodbye-Handkuss zuhaucht oder zwischendurch in Racke-Rauchzart-Stimmung mit „Stone’s Throw Away“ dem ewigen Appeal trauriger Whiskey-Ladies erliegt. Die werden bestimmt anstoßen auf dieses schön dreckige Dutzend von Tim Easton. Und wir trinken gern mit.