Stephen Daldry – Der Vorleser
(Start 26.2.) Der Film war schon Kandidat für den Oscar, als noch keine Szene abgedreht war. Bernhard Schlinks Bestseller über die absoluten Fragen von persönlicher Schuld und Vergebung, Kate Winslet in der Hauptrolle und „The Hours“-Regisseur Daldry reichen halt als Indizien. Und formal ist auch alles gelungen bei dieser Verfilmung. Den Kopf leicht gesenkt, verschlossen und mit strengem Blick, so spielt Winslet bravourös die reife Straßenbahnschaffnerin Hanna, die für den 16-jährigen Michael (David Kross) zur ersten großen Liebe wird. Einen Sommer lang. Jahre später entpuppt sie sich dann vor Gerichts als KZ-Wärterin. Die Bilderleuchten in satten Farben. Schnitt, Kostüme, Kulissen – alles makellos. Doch diese schöne Perfektion glättet die Emotionen, die ohnmächtige Enttäuschung und das Entsetzen über den Holocaust, die sich in die Nachkriegswelt des Jurastudenten drängen. Mit seiner sterilen Eleganz kann Daldry der moralischen Versuchsanordnung von Schlink kein wahres Leben einhauchen. Zumal Ralph Fiennes als erwachsener Michael mit unbewegtem Hundeblick eher komatös denn erschüttert wirkt.