Lloyd Cole – Cleaning Out The Ashtrays
Er könne es nicht leiden, wenn Teile seines Werks „out of print“ seien, schreibt Lloyd Cole — ehrlich und kompomisslos – in einem Vorwort zu dieser Liebesarbeit. Und Downloads gelten für ihn nicht als,,in print“. Nun sind viele der hier versammelten fast 60 Songs obskure B-Seiten zu nicht sehr erfolgreichen Singles, andere sind Mixes von bekannten Stücken, während Demos und Live-Versionen nicht berücksichtigt wurden.
Es sind mithin vier lange Cole-Alben entlang seiner Solo-Platten seit 1990. Und wenn er auch angibt, sich an viele Ereignisse jener Zeit nicht mehr erinnern zu können — sorgfältiger und detailreicher hat kaum je ein Musiker solche „missing links“ zusammengetragen und auf zahlreichen Booklet-Seiten vergnüglich-sarkastisch die bizarre Geschichte seiner Karriere erzählt. Cole hat nichts vergessen.
Zwar ist seine Werkgeschichte eine der traurigsten und sogar in einem bizarren Geschäft voll seltener und staunenswerter Wendungen – aber Lloyd Cole wird nicht larmoyant angesichts von Absurdität ud Ungerechtigkeit. Seit seinem Umzug nach New York und dem letztlich vergeblichen Versuch, ein Rockmusiker zu werden (später in „Tried To Rock“ selbstironisch und herzzerreißend beschrieben) kam der frühe Erfolg nicht zurück, und nur ein Album, „Don’t Get Weird On Me Babe“ von 1991, war vollkommen realisiert worden.
Meistens war Cole auf der Suche nach Studios, Produzenten und vor allem der ersten Single, wenn die zweite bereits feststand, und zweiten Singles, wenn die erste Single schon gefunden war. Sein Betreuer bei der Plattenfirma kritisierte an „Love Story“ (1995) etwa, dass zu viele „babes“ und „babies“ in den Texten vorkamen. 1998 wurde Coles Vertrag mit Universal gelöst. Ein französisches Label erlaubte 2001 die Publikation einer Box mit vier CDs, darunter auch die vorzügliche Reste-Sammlung „Etc.“.
Seitdem ist Cole so etwas wie der König der Nachträge geworden – ein Gigant des Übriggehliebenen, des wunderbar Beiläufigen. Insofern ist „Cleaning Out The Ashtrays“ mit so denkwürdigen Gelegenheitsarbeiten wie „Chelsea Hotel No. 2“ (für einen Cohen-Tribute-Sampler) und der langen Fassung von „Pay For It“, mit Dylans „Most Of The Time“, Lou Reeds „Vicious“ und einigen Mixes von Stephen Street – mit dem er nur einmal zusammenarbeitete — das große verlorene Werk des Lloyd Cole. Kein Roman, sondern eine Sammlung von Kurzgeschichten wie die des von ihm bewunderten Raymond Carver.