The Walkmen – You & Me :: Verstörende Wall Of Sound, beschwörende Eindringlichkeit

Wenn alle anderen am Tisch mal wieder über, sagen wir: Maximo Park redeten, konnten Vollchecker in den letzten Jahren wenig falsch machen, mit allwissendem Grinsen den Namen der Ostküstenband The Walkmen ins Spiel zu bringen. Sträflich vernachlässigt, beinahe unbemerkt hatte sich diese Karriere seit 2001 schrittweise entfaltet. Noch jedes Walkmen-Album wurde in höchsten Tönen gelobt, stets setzte die Band Glanzlichter, verfeinerte ihren Stil und entwickelte sich zuverlässig weiter. Und nun drängen sie mit aller Macht ans Licht.

Den Hymnus zu dieser – unterstellten – Absicht haben sie gleich mitgebracht: „I know that it’s true, it’s gonna be a good year/ Out of the darkness and into the fire“, singt Hamilton Leithauser in „The Good Year“, und von solch beschwörender Eindringlichkeit war sein Gesang bislang noch nicht. Mit der kratzigen Arroganz des jungen Dylan und der Anmut Jeff Buckleys (manche sagen: Roy Orbisons) entschwebt er in glucksender Betrunkenheit der Welt, den Sternen, dem Universum. Man wird nicht müde, immer wieder dorthin zurück zu skippen, wo der Bass einsetzt, die Führung über die einsam wimmernde Gitarre übernimmt und so eine sakrale Kadenz einleitet, zu deren Höhepunkt Leithauser mit aller verfügbaren Kraft gegen eine beinahe explodierende Orgel die erhoffte Wende herbeisehnt. „The New Year“ ist freilich nur eines von insgesamt vier extrovertierter angelegten Stücken, die diesem vierten Walkmen-Album ein Korsett geben. Auch „On The Water“, „The Blue Route“ und „I Lost You“ performen The Walkmen nicht – sie zelebrieren diese Lieder in delirierender Selbstvergessenheit. Hier gewähren sie dem oberflächlichen Hörer eine kleine Einlasspforte, an anderer Stelle muss man sich ihre Musik nach wie vor erarbeiten. Konventionelle Ohren dürften sich nicht zuletzt an der zunächst lärmig wirkenden, tatsächlich das Anliegen dieser Musik optimal fundierenden Produktion stören.

Zwei Jahre hat die Band an Details wie den ertrinkenden Philly-Bläsern gefeilt. Man spürt zu jedem Zeitpunkt, dass auch der Gesang zusammen mit den anderen Instrumenten live aufgenommen wurde, mitunter muss Leithauser fast anschreien gegen diese Wall Of Sound aus Bläsern, Orgel. Gitarren. Dann wieder zerdehnt er die Worte nur begleitet von sanft hingetupften Akkorden und einzelnen Trommelschlägen ins Endlose, wie etwa in „Long Time Ahead Of Us“. Die stoische Repetition, dynamisch vorbildlich umgesetzt – ein weiteres Stilmittel der Walkmen.

Manches vertändeln sie auch. So ist „Tau & Me“ mit 14 Songs ein bisschen zu lang geraten und wirkt im Mittelteil bisweilen ziellos. Mehr Schlechtes aber lässt sich nicht über diese Platte sagen

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