Loudon Wainwright III – Recovery :: Jetzt besonders schwungvoll: große Songs, neu aufgenommen
Kann dieser Mann machen. Es ist ja nicht so, dass das Frühwerk von Loudon Wainwright III exzessiv gecovert oder sonstwie groß wiederentdeckt worden wäre. Also nahm er sich die ersten Seiten des eigenen Songbuchs für „Rcovery“ selbst noch einmal vor. Der Titel ist unter Loudon-Humor zu verbuchen. Genesungsetzt schließlich Leiden oder Krankheit voraus, doch fehlte es ja schon den Originalen im Kern an wenig bis gar nichts. Als „Best Of“ der ersten drei, praktischerweise durchnummerierten Alben (aus den Jahren 1970-73) erstehen sie hier wieder auf— ohne seinen ersten, einzigen und deshalb auch größten Hit „Dead Skunk“.
Es sind dieselben Songs geblieben, aber sie klingen jetzt oft anders. Oder wäre nicht schwingen das bessere Wort? Denn natürlich fällt das Wiederhören allein deshalb anders aus, weil Wainwright damals vorwiegend als klassischer Next-Dylan-Folkie im Alleingang mit Gitarre unterwegs war, während diese Remakes „fully flowered“ (Promo-CD) daherkommen, sprich: konstant aus dem Vollen schöpfen. Produzent Joe Henry lässt dem subtilen Drive von Studiokönnern wie Greg Leisz, Patrick Warren, David Piltch und Jay Bellerose die lange Leine. Da kommt „The Drinking Song“ wirklich schön ins Torkeln, da blüht „Black Uncle Remus“ als Newgrass auf, und „Muse Blues“ mutiert mit Verve zum Psycho-Billy-Trip.
Doch jenseits der neuen Arrangements reflektieren diese alten, klug gewählten und stimmig gereihten Songs auch die neue Zeit. Nehmen wir nur „Saw Your Name In The Paper“. Das Medium müsste wohl ausgetauscht werden, doch wirkt das Stück über das Streben und die Sucht nach dem Ruhm heute so aktuell wie kaum zuvor. Während „Movies Are A Mother To Me“ plötzlich ganz persönlich gefärbt strahlt, nun, da Wainwright längst selbst seinen Platz vor der Kamera gefunden hat. „Motel Blues“ ist auch im neuen, üppigeren Gewand das geblieben, was es schon damals war und immer sein wird – ein definitiver Song über die große On the road-Verzweiflung „Come up to my motel room, treat me nice…I write a song for you, I put it on my new lp.“ Ja, er singt immer noch „LP“.
Der letzte „Recovery“-Song ist im Original auf dem vierten Wainwright-Album „Attempted Mustache“ zu rinden. Es ist – natürlich – „Man Who Couldn’t Cry“, der Song, der an selber Stelle und auch als Track 13 schon auf einem der größten Cover-Alben aller Zeiten vertreten ist. Doch während Johnny Cash die unglaubliche Geschichte vom tragischen Loser auf „American Recordings“ vor der Hip-Meute im „Viper Room“ gnadenlos als Farce und Groteske (preis)gibt, wickelt ihm sein Schöpfer im zweiten Anlauf ein delikates Streicherarrangement um Leib und Seele. Große Songs finden immer wieder eine andere Form.