Giant Sand :: proVISIONS
Howe Gelb setzt gleich mit diversen Frauen auf Romantik
Giant Sand sei „eine Stimmung“, sagt der Mann, der Giant Sand ist. Wo Howe Gelb dann in Stimmung kommt, ist… egal? Letztens hatte es ihn in den kanadischen Schnee getrieben, wo er mit einem Gospel-Chor „Sno‘ Angel Like You“ heimholte, sein bestes Album seit einer gefühlten kleinen Ewigkeit. Firmierte freilich unter Gelb, nicht Giant Sand. Deren aktuelle Inkarnation mit Anders Pedersen (Slide etc.), Thoger T. Lund (Bass) und Peter Dombernowsky (Schlagzeug) residiert in Dänemark, wo Gelb einen Sommer für „proVISIONS“ buchte. Gutes Pflaster für ihn. In Aarhus, vor vielen Jahren, hatte er seine zweite Frau kennengelernt.
Die, wäre sie noch bei ihm, hätte Grund zur Eifersucht angesichts des halben, auch ganz illustren Dutzend weiblicher Vokal-Gäste, darunter Neko Case und Isobel Campbell. Aber die treten nicht wirklich auf. Sie sind nur auf einmal da und dort und da auch noch, so als wären sie schon immer da und dort gewesen. Wie die Frau, die einfach in der Küche steht und Kaffee kocht. War die Hintertür offen? Und was war letzte Nacht? Howe Gelb hat hier fast immer ein „Can Do“-Girl parat, das er wie ein angeschickerter Geist des jungen Cash besingt. Boom-Tchika-Boom-Tchika. Und plötzlich dieser Off-Akkord, den Cash da doch nie gespielt hätte. „The New Romance Of Falling“ ergeht sich inklusive dramaturgischer Pause (noch eine Frau) fast neun Minuten in joy of repetition, doch der vermeintlich große Wurf erreicht weder die leise brütende Dichte des schwebenden „Pitch 6? Sway“ noch den schwelgenden Soli-Charme von „Out There“. Zum Auftakt schaut Gelb der „Stranded Pearl“ auch mal in die Augen, Kleines, aber großes Knistern geht doch anders. Hier liegt allenfalls gebrochene Romantik auf dem Bordstein, die Schwalbe fliegt davon und lässt einen Hauch Leonard Cohen liegen („The Desperate Kingdom Of Love“). Drumherum Gelb-Typisches, vom Chromosomenmärchen „Increment Of Love“ über den selbstreferenziellen Slalom in der „Muck Machine“ und das unausgegorene „Saturated Beyond Repair“ bis zum halbbrachialen Instrumental „World’s End State Park“. Und mittendrin mit „Spiral“ diese erhabene, fast geflüsterte Mitternachtsspitze. Wenn sich Howe Gelb (fast) allein ans Klavier setzt, ist die Stimmung für Giant Sand offenbar besonders gut.