Charakterschwein :: Buch des Monats: In seinem neuen Comic Peepshow haut Joe Matt sich selbst in die Pfanne
Inhaltlich wie stilistisch ist dieser Comic eine gelungene Adaption von Robert Crumbs episodischer Autobiografie „Dirty Laundry“. Matt stilisiert sich hier, wie sein Vorbild, als neurotischer, notgeiler, zwischen Omnipotenzwahn und Minderwertigkeitskomplexen schwankender Künstler-Kotzbrocken, der von stetem Porno-Video-Konsum angestachelt und libidinösen Tagträumen gebeutelt den Frauen hinterherhechelt und, wenn er sie dann wirklich mal im Bett hat, unter Potenzproblemen leidet.
Sein klarer, souverän gesetzter, etwas ältlicher Cartoon-Strich liefert das komfortable Fundament, auf dem unangestrengter narrativer Witz, Sarkasmus und ein gutes Pfund Selbstironie es sich bequem machen können. Joe Matt ist ein Idealist durch und durch, der sich seine rosarote Traumwelt nicht von so etwas Schnödem wie der Realität kaputt machen lassen will, und der für sein Seelenheil folglich auf Naturfilmchen der Marke „Kimono Kunts“ dringend angewiesen ist; der sich aber auch in seiner Kunst auf keine pragmatischen Kompromisse einlässt. Lieber hungert er oder schmarotzt sich bei seinen Zeichnerfreunden Seth und ehester Thompson durch. Die Kompromisslosigkeit, mit der er sich selbst als Charakterschwein der schlimmsten Sorte denunziert und sein Privatleben ausleuchtet bis in die letzte dunkle Ecke, erfordert durchaus Mut. Denn die Folgen seines harten Biografismus stellt er ja auch dar: Ständig sind Freunde und Bekannte vergrätzt, oder sie wenden sich sogar von ihm ab, weil sie sich in seinem Comic unvorteilhaft dargestellt fühlen. Hierzulande wäre so etwas längst verboten worden (Edition 52,17 Euro)