DVD
von Arne Willander & Birgit Fuß Eine irische Idylle Musik-DVD des Monats: Auf „The Man Is Alive präsentiert Luka Bloom sein Leben als Musiker und Familienmensch Der Mann lebt, und er lebt gut. Luka Bloom ist in den vergangenen Jahren etwas aus dem Blickfeld geraten, weil sein Folkpop immer esoterischer und erbaulicher geriet. Die Box „The Man Is Alive“, bestehend aus zwei DVDs und CD, beleuchtet nun mit zwei je 45-minütigen Konzerten wieder die starken Seiten des Iren. Einmal spielt er in Kildare, in einer lauschigen Ecke seines Wohnzimmers. Gar so gemütlich, wie es sich anhört, wird’s aber nicht: Bei „You Couldn’t Have Come At A Better Time“ gerät Luka Bloom richtig ins Schwitzen (auf der Bonus-CD ist ausgerechnet dieser Song leider nicht zu finden), U2s „Bad“ muss er wegen mangelnder Textkenntnis abbrechen. In Dublin spielt er ein ganz anderes Programm vor viel größerem Publikum, doch bleibt sein Vortrag so spartanisch wie eindringlich, die klare Stimme eine Freude.
Die Dokumentation „My Name is Luka“, von einem holländischen TV-Sender produziert, zeigt den Songwriter auch als Privatmenschen: pfeifend beim Salatschneiden, singend am Strand, entspannend in der Hängematte. Mit Sonnenbrand auf der Nase erzählt er von seiner Musik, im Büro arbeiten Schwester und Neffe, zwischendurch taucht Bruder Christy Moore auf. Es ist fast unerträglich idyllisch dort an der Küste Irlands. Auf dem Land werde sein Verstand zu einer „leeren Leinwand“, sagt Luka Bloom, und nur so könne er Lieder schreiben, die etwas bedeuten. Leicht angewidert stimmt er Robbie Williams‚ „Let Me Entertain You“ an und gesteht: „The idea of writing songs that have nothing to say doesn’t interest me.“ Man merkt das in jeder Minute. (Skip/Soulfood) 4,0
Dweezil Zappa
Zappa Plays Zappa (Icestorm) Es ist eher eine Hommage als eine Apotheose, wenn Dweezil Zappa die Musik seines Vaters (den er. distanziert-respektvoll, stets „Frank“ nennt) reproduziert. Aber einige Tränen kann er bei diesem Auftritt in Seattle doch nicht vermeiden, als er von der „exposure“ des Werks spricht und davon, dass die jüngere Generation es zu wenig rezipiert. Nun ist das wenig erstaunlich, denn Frank Zappas Kosmos kreiste um ihn selbst als blitzgescheiten Gott, und seine Satiren und Sottisen über Heilserwartung, Massenverblödung, Konsumwahn und Bigotterie wirken heute wie rührend patinierte Bürgerschreck-Agitation der 60er und 70er Jahre. Wenig realistisch ist Dweezils Vorstellung, Zappas Musik müsste eben im Radio gespielt werden das wurde sie ja schon damals kaum.
Dweezil Zappa hat für diese sorgfältig inszenierte Reminiszenz einige alte Wegbegleiter des Vaters wie Napoleon Murphy Brock und Joe Travers engagiert (am Ende kommen Terry Bozzio und Steve Vai hinzu) und einige junge Zampanos. Es sind aber – wie damals nicht die Kabinettstückchen und die hektischen, auf Überwältigung zielenden Funkund Hibbel-Songs, die in guter Erinnerung bleiben – sondern die wahrhaft freigeistigen, fantasiereichen, ostentativ-symphonischen Stücke wie „Inca Roads“, „Peaches En Regalia“ und „Black Page“. Und die waren es auch, mit denen sich die Bewerber bei den Auditions zu beweisen hatten, so Dweezil in einem beigefügten Interview.3,0
The Banales
Return To Bangleonia (Shout! Factory/Soulfood) Im September 2000 fanden die ewigen Mädchen im „House Of Blues“ wieder zusammen, mitten in ihrer alten Heimat Hollywood. Sie sahen immer noch großartig aus und konnten immer noch herrlich singen. 70 Minuten, 18 Songs, darunter Alex Chiltons „September Gurls“ und das uralte „Hero Takes A Fall“, aber natürlich auch die Fast-schon-Klassiker nett und niemals überraschend. Im Interview fallen sich die Frauen permanent ins Wort und erzählen, dass sie für die ersten Songs die „Norton Anthology“ benutzten. Ihre großen Hits schrieben dann Prince und Paul Simon. Süß, mehr leider doch nicht.2,5
Tift Merritt
Live From Austin, Texas (New West) Eine so berückende wie kurze Vorstellung aus dem Jahr 2005: Tift Merritt, eine knuffig-pneumatische Erscheinung wie Veronica Lake oder Virginia Madsen, spielt traumwandlerisch Roots-Soul-Rock, der niemals das Krachlederne oder Zeternde streift. Songs wie „Stray Paper“ und „Good Hearted Man“ sind gespannt wie Flitzebogen. Merritts Quartett begleitet die Sängerin ökonomisch. Auch an Gitarre, Mundharmonika und Wurlitzer agiert sie souverän, ohne Manierismen und Attitüden. Und es spricht für das sonnige Selbstvertrauen der Tift Merritt, dass sie den Busen fester eingeschnürt trägt, als es in Amerika üblicherweise zulässig ist. 4,0
The Sex Pistols
Never Mind The Bollocks -An Alternative History (Warner) Musik der Sex Pistols gibt es hier nicht zu hören („Alternative“ ist wieder mal gleichbedeutend mit „unautorisiert“), doch hat Alan Parker viele Zeitzeugen, darunter Malcolm McLaren, Glen Matlock und Steve Diggle befragt, nicht nur zu den Pistols, sondern zum Phänomen Punk im Allgemeinen. Aber auch die unterschiedlichsten Perspektiven machen eine 90-minütige Lektion nicht richtig unterhaltsam, wenn der Soundtrack komplett fehlt.2,5