Nneka – No Longer At Ease :: Reggae, Afro-Beat und Soul von einer vielversprechenden Sängerin
Die „Sunday Times“ hat es schon vor zwei Jahren gewusst: „The year’s most criminally overlooked album must be ,Victim Of Truth'“, schrieb das Blatt aus dem Mutterland der Popmusik über das Debüt der nigerianischen Wahl-Hamburgerin Nneka Egbuna. Und man fragt sich tatsächlich, warum die 25-Jährige nicht schon längst an den Spitzen der Charts steht und mit Massive Attack, Jay Z oder Danger Mouse aufnimmt.
Nnekas Stimme besitzt etwas Raues, Eigenwilliges, deshalb erinnert sie eher an die vom Leben durchdrungene Billie Holiday als an die übertrainierte Stimm-Athletin Beyonce Knowles. Reggae, Afro-Beat und Soul bilden das Fundament der 16 Songs des Albums, und auch hier findet sich nicht die im modernen R&B zur Norm gewordenen Glätte, die ja weniger mit Eleganz zu tun hat als mit Formatierung. Die Produzenten DJ Farhot (der bereits beim Debüt dabei war) und Jean Lamoot (er hat mit Salif Keita und Noir Desir gearbeitet) haben „No Longer At Ease“ eine dezente HipHop-Grundierung verpasst, Beat und Stimme stehen bei Songs wie „Gypsy“ und „Halfcast“ stark im Vordergrund. Bei letzterem erinnert Nnekas Rap an Lauryn Hill- bevor die Fugees-Frontfrau anfing, etwas seltsam zu werden. „Something To Say“ ist dagegen lupenreiner Reggae, die Marley-Coverversion „Running Away“ wird eher melancholisch getragen interpretiert. „Focus“ ist der rockigste Song des Albums, eine sich stetig steigernde Power-Ballade, die immer intensiver wird: Ein sicherer Abräumer auf den Festivals des Sommers. „Kangpe“ verbindet afrikanische Einflüsse mit einem an Timbaland-Produktionen angelehnten Sound. Zusammengehalten wird diese abwechslungsreiche Musik von Nnekas Stimme, die einerseits jede Vorlage nutzt, um Wandlungsfähigkeit zu demonstrieren, andererseits aber charakteristisch genug ist, um jeden Song zu ihrem eigenen zu machen. Mit „Deadly Combination“ funktioniert das besonders gut, weil sich der Gesang, hier mal lasziv, mal wimmernd, mal fordernd über eine bedrohliche Kulisse erhebt. Man muss kein Prophet sein, um eine große internationale Karriere vorauszusagen.