Diverse – Let Me Be Your Sidekick -The Influence Of Jimmie Rodgers :: Würdigung des Country-Pioniers in disparaten Aufnahmen
Als Bear Family Rccords 1992 das Gesamtwerk von Jimmie Rodgers in dem 6-CDBox Set „The SinsineBrakeman“ veröffentlichte, war das eine verlegerische Großtat. Auch in den Liner Notes wollte man ganz offensichtlich damit weniger die Leistung eines Pioniers der Country Music würdigen als vielmehr einer Legende ein Denkmal setzen. Was seine Leistung angeht, war die für die Entwicklung der „modernen“ Country Music so wichtig gewesen wie die Carter Family. Die verkörperte allerdings ganz wesentlich und weit mehr Gospel- und Folk-Traditionen auch irischer und schottischer Provenienz, während Jimmie Rodgers ganz fasziniert vom Blues der schwarzen Sangeskollegen war, zudem auch keinerlei Berührungsängste gegenüber dem Jazz von Louis Armstrong oder hawaiianischer Folklore hatte.
1933junggestorben mit gerade mal 35 Jahren, begründete er halt — anders als der Carter-Clan — keine Dynastie. Für RCA waren seine Victor-Aufnahmen eine so völlig bedeutungslose kommerzielle Größe, dass man deren Auswertung großzügig kleinen Labels gestattete. Als Merk Haggard 1969 sein großartiges Tribute-Album „Same Train, A Different Time“ veröffentlichte, ärgerte er sich darüber, dass man bei Capitol das Projekt nicht mit entschieden mehr PR-Power bewarb.
Wie präsent Rodgers‘ Musik tatsächlich in der kollektiven Erinnerung war, kann man in mancher Hinsicht daran ablesen, wie gegenwärtig seine Musik auf dem 3-LP-Set „Will The Circle Be Unbroken“ war. Das darf man getrost als die Mutter aller Americana- und Roots-Projekte betrachten. Beschworen wurde die musikalische Vergangenheit Amerikas, und es sagt einiges über den Zustand der Nashville-Produktion damals, dass Roy Acuff emphatisch erklärte: „I’ll play real country music anytime, anywhere, with anyone.“ United Artists genehmigte das astronomische Budget von 22 000 Dollar für das All-Star-Projekt. Eine Woche lang spielte man Songs von A. P. Carter und Hank Williams, Leon Payne und Earl Scruggs, Fred Rose, Roy Acuff, Merle Travis und viele von Doc Watson adaptierte Traditionals ein. Aber nicht einen einzigen von Jimmie Rodgers! Das Teil wurde wider alle Erwartungen ein großer Erfolg.
Es scheint, als wollte man mit diesem Box-Set endlich ein paar Dinge zurechtrücken. Denn ihre Wirkungsgeschichte entfalteten Jimmie Rodgers‘ Lieder nicht nur, weil es die ersten Millionenseller in der Geschichte der Gattung waren (selbst in den ersten Jahren der Great Depression verkauften sich seine Platten blendend), sondern auch die populärsten und stilbildenden Sänger von Lefty Frizzell und Gene Autry bis Hank Snow und Johnny Cash sie immer wieder aufnahmen.
Etwas knapp fiel die Auswahl mehr „zeitgenössischer“ Interpreten auf der letzten CD aus, eine (leider nicht erweiterte) Übernahme des 1997 auf Dylans Egyptian-Label erschienenen „The Songs Of Jimmie Rodgers: A Tribute“. Kein Boz Scaggs mit „Waiting For A Train“, dafür Dickey Betts mit einer sehr guten Version desselben. Alison Krauss mit dem ganz famosen „Any Old Time“ anstelle von Maria Muldaur. David Ball mit einer hübschen Deutung von „Miss The Mississippi And You“, Bono mit einem heulsusig vorgetragenen „Dreaming With Tears In My Eyes“. Aaron Neville glänzt mit Belcanto-Qualitäten, Bob Dylan bei „My Blue Eyed Jane“ für seine Verhältnisse auch. Steve Earle wie auch John Mellencamp sahen in dem Idol wohl auch einen frühen Rock’n’Roller, Van Morrison in dem des „Mule Skinner Blues“ eher einen verhinderten Jazzer. Am Ende macht Dwight Yoakam aus „T For Texas“ einen Folk-Blues. Auch so wird das ein schönes Stück unvergängliche Americana.