Gustav – Verlass die Stadt :: Fatalistische Protestsongs von einer betörenden Wienerin
Vor vier Jahren sagte Eva Jantschitsch aus Wien als Gustav mit ihrem Album „Rettet die Waie“ österreichischem Staat, Chauvinismus, Political Correctness, Kapitalismus und Globalisierungswahnsinn auf äußerst charmante Weise den Kampf an. Die Ausweglosigkeit dieses Unterfangens gab ihren mit kleinmädchenhafter, zickiger, betörender Stimme vorgetragenen dunkelromantischen, fatalistischen Protestsongs, eine traurige Melancholie, wie man sie sonst nur bei Robert Wyatt spüren kann. „Ich bekenne mich schuldig, die Welt tut mir weh“, singt Jantschitsch nun auf ihrem zweiten Album, und man will schon zum Köpper ins Selbstmitleid ansetzen, ehe man begreift, wie sie hier linkes Phlegma angesichts österreichischer Rechtsbündnisse aufspießt. Doch es sind nicht die gewitzten Kommentare zu greifbaren Missständen wie intellektualistischer Tatenlosigkeit, Medienmanipulation oder Nationalismus, es ist die Artikulation der unkonkreten, unaussprechlichen Angst, die „Verlass diese Stadt“ so besonders macht. Etwa wenn Jantschitsch in „Alles renkt sich wieder ein“ zur Blasmusik apokalyptische Bibelzitate aneinanderreiht und schließlich in einem luziden Refrain auslaufen lässt oder im Titelsongvon Niedergang und Verfall der Städte berichtet und sich als rechtmäßige Thomas-Bernhard-Erbin entpuppt: „Was uns abtreibt von dem Weg, der da noch vor uns liegt, ist das abgestandene Gas, das noch immer durch uns fließt/ .Es ist Sommer in Wien und nicht Stalingrad‘, sagt er – ,Ich weiß‘, sag ich, ,und trotzdem ist mir kalt.'“
Man ist also daraut vorbereitet, wenn Jantschitsch ihr am Ende als memento mori inszeniert „Heute also ein Jahrälter/ Lacht nicht, ihr alle werdet sterben.“ Doch das hindert sie als Frau der Tat natürlich nicht daran, trotzig ihre Wünsche im Diesseits einzufordern. „Ich will Friede und Freude – und verdammt noch mal den Eierkuchen/ Und die Freunde – die friends -. die möchte ich mir gefälligst selbst aussuchen.“ Das Leben ist kein Wunschkonzert, aber diese Platte wünscht man sich ganz weit oben in den Charts. Es wäre eine bessere Welt.