Nicolai Dunger – Nicollide And The Carmic Retribution :: Viele Ideen, nicht alle ausformuliert: ein Soundtrack ohne Film
Seit dem Album „Here’s My Song Tou Can Have It… I Don’t Want It Anymore“ von 2004, das er zusammen mit den Musikern von Mercury Rev aufnahm, hat Nicolai Dunger es dem hiesigen Hörer nicht gerade leicht gemacht: Drei rätselhafte Platten erschienen unter dem Pseudonym A Taste Of Ra, außerdem nahm er ein Album mit Vertonungen von Gedichten derfinnlandschwedischen Dichterin Edith Södergran auf, und im vergangenen Jahr erschien das ebenfalls schwedischsprachige „Rosten Och Herren“. Alle nur als Import erhältlich, alle die Mühe und das Geld wert, letztgenanntes womöglich sogar sein bisher bestes Album. Auf „TiicoUide And The Carmic Retribution“, das hierzulande wieder regulär erscheint, singt Dunger zwar wieder auf Englisch, doch zugänglicher ist es deshalb noch lange nicht. Musikalisch weitaus komplexer als die Vorgänger, hat Dunger es als Soundtrack ohne Film konzipiert (mit Storyboard und Handlungsanweisungen im Booklet). Das Album strotzt nur so vor musikalischen Ideen, die Dunger jedoch nicht alle ins Songformat bringen wollte oder konnte.
So gibt es neben mindestens drei vorzüglichen Songs – dem jazzinspirierten Folk „Been Cheating“, dem sehnsüchtigen, opulent arrangierte „Too Free To Be Gone“ und dem Kammerfolk „Wind Serenade“ – instrumentale Score-Musik mit herrlich flirrenden Streicher- und gedämpften Bläserarrangements von Johan Bertling und lyrische Miniaturen zu Piano-Begleitung, die oft den Reiz des Unfertigen versprühen. Ein feines Spielfeld für den Komponisten und Improvisationskünstler Dunger, auch wenn nicht alles so gut funktioniert wie das formidable Jazz-Flamenco-Stück „Retnbution“, das auch auf Dungers Jazzalbum „A Dress Book“ ein Höhepunkt gewesen wäre.