The Kills – Midnight Boom :: Das düstere Duo setzt jetzt auf mehr Kontur. Und hat ein Konzept.
Drei Alben wollen die Kills geschrieben, zwei davon verworfen haben, bis „Midniglit Boom“ fertig war. Wieso nicht! Die Lieder des interkontinentalen Duos machten ja bislang immer den Eindruck, eben gerade entstanden zu sein – vielleicht schreibt man lieber gleich eine ganze Platte, anstatt sich an Details festzubeißen.
Es ist allerdings auch etwas neu geworden auf dem dritten Album von Alison Mosshart und Jamie Hince, und vielleicht musste es eine Weile gesucht werden. Vv’aren Post-Punkund der Geist von Patti Smith, Iggy Pop und Lou Reed bisher doch übermächtig, öffnet sich das Repertoire auf „Midnight Boom“. Sicher bleiben der dringliche Sex, die dunkle Psychedelia und ein sinisterer Minimalismus die stilbildenden Mittel, doch — Achtung— The Kills lighten nh.
Schon bei „U.R.A. Fever“ wird das deutlich. Wohl ist das ein vulgäres Ding aus Elektro-Blues und metallischem Scheppern, doch die bedrohliche Szenerie ist kunstvoll beleuchtet und gut organisiert. Auch das folgende „Cheap And Cheerful“ ist kein Garagen-Rock, sondern eher die ikonische Version desselben. Dass die meisten Lieder auf „Midmght Boom“ nicht mehr so schmutzig kellerartig klingen, liegt vor allem an den omnipräsenten LoFi-Dru m-Beats, die H ince hier gemei nsam mit Alex Epton (Spank Rock) kräftig aufmöbelt und in den Vordergrund rückt. Die Dinge werden transparenter, pointierter, freilich auch elektronischer.
Mir fehlt der Keller nicht, und meinethalben müssen die Kills nun auch nicht mehr die dreckigste Band Londons sein. Denn viele der neuen Lieder haben mehr Kontur als ihre Vorgänger, sind griffiger, und, sagen wir es ruhig: gesetzter. Entsprechend geht es sogar recht leise, etwa bei dem tollen „Black Balloon“, das einen glatt an Depeche Mode erinnert, oder dem direkt romantischen „Goodnight Bad Morning“, bei dem Hince sehr schön summt.
Der Ausgangspunkt von „Midnight Boom“ waren übrigens offenbar Schulhofreime schwarzer Kinder im L.A. der 6oer Jahre, in denen es meistens um Krankheit und häusliche Gewalt geht. Ergo der Sprechgesang, der urbane Habitus und die Klatschrhythmen. Ein interessantes Konzept.