Young Knives – Superabundance :: Solider britischer Gitarren-Rock mit kleinen Überraschungen

Im Unterschied zu einer Pistole oder einem nuklearen Marschflugkörper ist ein Messer eine sehr direkte Waffe. Seinen Gegner damit anzugreifen oder auch nur sich damit zu wehren, ist ein roher, körperbetonter Akt. Man wird spüren, wie sich die Klinge in den Körper schiebt, das Blut wird einem auf die Kleider spritzen, vielleicht sogar ins Gesicht. Unangenehme Sache. Ein junges Messer, um das jetzt konsequent weiterzuführen, könnte man sich nervös und vorlaut vorstellen, möglicherweise auch ein wenig streitlustig. Wir denken an den jungen Robert De Niro in seiner Rolle als Johnny Boy in „Mean Streets“: Wie er die Schnauze immer weiter aufreißt und Harvey Keitel die Katastrophe schon kommen sieht, aber nichts dagegen tun kann. Kurz: Johnny Boy ist ein Young Knife. Aber besteht auch die Band Young Knives aus großmäuligen Draufgängern, die alles riskieren? Jein! Dass die drei Briten Tweed-Anzüge tragen und dazu Brillen, spricht in dieser Hinsicht keinesfalls gegen sie. Eine zu große Nähe zum aktuellen Sound britischer Gitarren-Rocker schon eher, daran hat auch der Produzent Tony Doogan nicht viel geändert. Ein Song wie „Counters“ gibt eine gute Definition der Sorte Musik, mit der junge Lads gerne ihr wochenendliches Trinkvergnügen untermalen. „Terra Firma“ funktioniert ähnlich: solider Brit-Rock, zu dem man sein Pint Lager gerne in einem tiefen Zug leert. Deftig und nicht ohne Verve, aber doch sehr nah dran an Kollegen wie Dirty Pretty Things und Kaiser Chiefs.

Doch wir haben ja noch nicht einmal die Hälfte gehört. Für das in einer Kirche aufgenommene „Turn Tail“ fährt die Band ein 16-köpfiges Orchester auf, die Melodien sind superb, das Arrangement auf raffinierte Weise süffig. „I Can Hardly See Them“ stampft im schweren Rhythmus, die Gitarre ist brutalst möglich verzerrt und dennoch klingt das Ergebnis verlockend poppig. Es heißt, die Band habe das „The“ aus ihrem Namen entfernt, weil „Superabundance“ viel reifer und souveräner klänge als das Debüt. Auf das leise, mit dezenten Bläsern verzierte „Mummy Light The Fire“ trifft diese Einschätzung durchaus zu. Auch die zurückhaltende Folk-Melodie von „Current The River“ ist bezaubernd, und wenn dann der Refrain explodiert, ist das tatsächlich ein Akt wundervoller Gewalt. Junge scharfe Messer eben.

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