T.C. Boyle – Zähne und Klauen
Zähne und Klauen (Hanser, 19.90Euro) heißt T.C. Boyles neueste Erzählungssammlung, und eigentlich ist wieder alles fast zu klar: Wilde Tiere laufen durch diese Geschichten; ihre Spuren bilden das Raster, das sie untereinander vernetzt. In „Hundologie“ etwa beschreibt er die systematische Auswilderung einer Hunde-Verhaltensforscherin, die sich schließlich völlig ihrem Rudel assimiliert – und ihr spießbürgerlicher Nachbar ist zunächst irritiert, fühlt sich aber mehr und mehr von ihr angezogen, in „Windsbraut“ rettet der tumbe Insulaner Robbie der Ornithologin Junie während eines Sturms das Leben. Die beiden haben eine leidenschaftliche Affäre, er hält schließlich um ihre Hand an. aber die unabhängige, flatterhafte Junie lehnt ab. Sie trennen sich im Streit. Aber dann erreicht die nächste Sturmfront die Insel, und dieses Mal kommt Robbie zu spät, der Orkan weht sie buchstäblich fort. Man hat die Machart dieser Erzählungen schnell durchschaut. Aber die Genauigkeit und Anschaulichkeit, mit der er die unterschiedlichsten Milieus und Soziotope vergegenwärtigt, entschädigt einen voll und ganz. Ob Boyle eine Fixer-vita in den späten Sechzigern ins Bild setzt, den beschwerlichen, gefahrvollen Ritt einer Witwe von Boston nach New York im beginnenden 18. Jahrhundert oder das Scheitern eines kleinstädtischen Kommunenprojekts in der Jetztzeit, das liest sich nie anmaßend und gewollt. Man kauft ihm das alles gerne ab.