Sheryl Crow :: Detours
Halbakustische Liebes- und Leidenslieder ohne Modernismus.
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen zu Hause in der Stube. Und nebenan, im Bad, holt Sheryl Crow ihre Gitarre raus, um kurz ein neues Stück zu singen. Nur für Sie! So in etwa klingt zum Auftakt „God Bless This Mess“, ein durchschaubarer, aber dabei nicht uncharmanter und deshalb ziemlich Crow-typischer Versuch, die kleinen Leute im großen Wahnsinn wiederzufinden.
Die Quasi-Demo-Ouvertüre, ebenso wie die Drums, die anschließend ein Ausrufezeichen vor das trotzige „Shine Over Babylon“ setzen, sind natürlich clever-kalkulierte Schachzüge. Sie gehen wohl auch auf den Mann zurück, der sie einst mit „Tuesday Night Music Club“ in den Pop-Orbit geschossen hatte, damals in L.A.. Doch dieser oft halbakustische, in Songs wie „Love Is All There Is“ auch leicht nostalgisch angehauchte Vibe, den Bill Botrell als Produzent jenseits modernistischer Verrenkungen auch heute noch zu entfalten versteht, steht Sheryl Crow auch nach ein bisschen zu viel Spaß und überstandenem Brustkrebs gar nicht so übel. Es hat etwas Rührendes, wie sie hier noch einmal das Trotzallem-happy-go-lucky-Girl geben will, in der offbeatigen Single „Love Is Free“. die nicht ganz so bescheuert ist wie der Titel. Mehr als grenzwertig ist das Kinderlied „Out Of Our Heads“ und „Peace Be Upon Us“ inklusive arabischem Gast-Einschlag – so p.c., dass es wehtut.
Dorthin geht Sheryl Crow dann in der zweiten „Detours“‚ Hälfte. „Mother, teach me to love with a paper-thin heart“, fleht sie reumütig im Titelsong, atmet auch — „Now That You’re Gone“ — mal ungewohnt soulig tief durch. „Diamond Ring“, ziemlich exakt das Gegenstück zu „Diamonds Are A Girl’s Best Friend“, treibt Crow in eine exaltiert-gebrochene Vocal-Performance fast jenseits ihrer Möglichkeiten. Und mittendrin, bevor ein zartes „Lullaby For Wyatt“ das Licht ausmacht, dieser schräge Kettenkarussell-Liebeswalzer „Drunk With The Thought Of You“. Hoffentlich zu Hause in der Stube.