Guy Clark – Hindsight 21/20: The Anthology 1975-1995

Wenn Clark, dann Gene. Und natürlich Guy. Der hat es in gut 30 Jahren auf gerade mal ein Dutzend Platten gebracht. Aufgewachsen in Monahans, Texas, veröffentlichte er 1976 seine Debüt-LP im zarten Alter von 35. Im Lauf der Jahre begründete er mit Townes Van Zandt so etwas wie eine Mutual Admiration Society, und für jemanden wie Lyle Lovett war er klar eine Vaterfigur. Mitglieder der Fan-Gemeinde, die ihn schon früh neidlos bewunderten, sind unter anderen Emmylou Harris, Rodney Crowell, Vince Gill und Rosanne Cash. Aber seine Lieder machten notorisch Kollegen wie Jerry Jeff Walker oder Johnnv Cash bekannter.

Die eigene (relative) Erfolglosigkeit war wohl am ehesten einem Missverständnis geschuldet. Für die einen war er ein Autor von Country-Songs, für andere eher ein thematisch wie stilistisch umfassenderer Singer/ Songwriter. Deswegen brachten anders als beim Kollegen Rodney Crowell auch jene LPs nicht den kommerziellen Durchbruch, bei denen diverse Songs ganz klar H it-Potenzial besaßen. Das Lied, in dem er behauptete, es gebe nichts, was eine selber angebaute Tomate nicht heilen könnte (und nur zwei Dinge, die man für Geld nicht kauten könne, nämlich wahre Liebe und selber gezüchtete Tomaten), wurde immerhin ein kleiner Country-Hit für ihn.

Im Laufe der Zeit brachte RCA seine ersten beiden Platten immer wieder mal als „twofer“ gekoppelt in ganz famosem Remastering raus. Das hielt man beiden Warner-Brüdern, für die er drei LPs aufnahm, für völlig sinnlos und unangebracht. Die brachte alle erst Rounder 1995 auf dem Sub-Label Philo mit dem passenden Titel „Craftsman“ auf einer Doppel-CD heraus – alle Songs chronologisch und mit den kompletten Songtexten. (Das schöne Live-Album, das Warner Bros. 1979 als Promo an Country-Sender und Journaille verschenkte, ist auch als official live bootleg nie wieder veröffentlicht worden.) Passend fand er, für sein bislang letztes Album Townes Van Zandts „No Lonesome Tune“ aufzunehmen. Das sind „Workbench Songs“, und darum sieht man ihn auf der Rückseite der Platte vor einer solchen Werkbank mit seiner Akustikgitarre. Das Handwerk des Liederschmieds, der seiner Profession immer mit einem gewissen Perfektionsdrang (manchmal auch -wahn) nachging, beherrscht er wie „Worry B Gone“ oder „Analog Girl“ beweisen – nach wie vor. (Gitarren baut er mit derselben Sorgfalt.) Die jetzt von Raven Records vorgelegte Retrospektive endet 1995 mit zwei Songs von „Dublin Blues“. Man entschuldigt sich auch sofort dafür, dass es eine Einzel-CD mit ganzen 21 Aufnahmen geworden ist. Denn natürlich sei Guy Clark „the real deal… a genuine American songwriting treasure“, in einem Atemzug zu nennen mit Hoagy Carmichael, Johnny Mercer und Randy Newman. Trotzdem beschränkte man sich auf die berühmtesten Songs seiner RCA-, Warner Bros.- und Elektra- Jahre. Hier findet man also nicht nur nichts von seinen letzten vier Platten, sondern auch keinen einzigen Song von dem 1988/89 in Eigenregie aufgenommenen „Old Friends“, das er weltweit an ganz unterschiedliche Firmen (hierzulande an Uwe Tessnow und dessen Sawdust-Sublabel) lizenzierte.

Andererseits fehlen all die Ohrwürmer nicht, die ihn für Kollegen zu einem songwriter’s songwriter machten, Stücke wie „Desperados Waiting For A Train“, „L.A. Freeway“, „Rita Ballou“ und das mit Rodney Crowell geschriebene „She’s Crazy For Leaving“. Auch nicht „South Coast Of Texas“ und schon gar nicht das autobiografische „The Randall Knife“ (in der Ur-Aufnahme, nicht der vielleicht noch eine Klasse besseren Unplugged-Version von „Dublin Blues“). Als obligatorische Cover-Version einer Van-Zandt-Vorlage wählte man für diese Sammlung „No Deal“ aus – keinen traurigen, sondern einen sehr lustigen Song des Kollegen. (Obligatorisch deswegen, weil Guy Clark schon seit vielen Jahren von TVZ für jede Platte ein oder zwei Songs aufnimmt.) Das Listeners-Digest-Kondensat also für jeden, der ihn noch nicht kennen sollte.

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