Don Deüllo – Falling Man
„Falling Man“ (Kiepenheuer & Witsch, 19,90 Euro) von Don Deüllo findet eine adäquate Sprache und narrative Form für 9/11. Seine fragmentierte Erzählstruktur, diese harte, kontrastreiche Montage von kleineren, in der Chronologie springenden, ständigdie Perspektive wechselnden und enorme Lücken lassenden Prosaschnipseln bildet die reale und mentale Trümmerlandschaft, die der Einsturz des WTC hinterlassen hat, gewissermaßen ab. Und De-Lillos Sprache ist amplifiziert und bildmächtig in der Beschreibung des apokalyptischen Szenarios; ungelenk und karg, manchmal nah am Verstummen, wenn es gilt, die Gespräche und inneren Monologe der Überlebenden abzubilden. Es gibt eigentlich keinen Plot, DeLillo reiht Szenen aneinander, vor allem Alltagsszenen, die fast schon ein bisschen zu offensichtlich symbolisch aufgeladen sind: immer wieder Rituale, stumpfes Abzählen, es liegt ein Segen in der Wiederholung, weil sie den Menschen stückweise die Normalität zurückgibt. Dass Keith, der zufällig überlebende, sich am Ende als Poker-Profi verdingt, ist dann etwas zu grell als Chiffre für die sinnlose Aleatorik des Lebens, das ohne Schöpfergott auskommen muss. Aber selbst das nimmt man noch hin, weil DeLillos Protokoll von Keith Bewusstseinslage einfach zwingend ist. „Falling Man“ ist sperrig, über weite Strecken erstaunlich unspannend und zugleich ein Paradebeispiel dafür, was Literatur dokumentarisch zu leisten imstande ist.