Mr Hudson & The Library – A Tale Of Two Cities :: Melancholische Tanz-Popmusik, so anachronistisch wie raffiniert

Wie seltsam heute das Verständnis von dem ist, was man früher Pop, auch Britpop nannte, demonstriert Ben Hudson: Seine Musik will er als „englischen R&B“ verstanden wissen. Nun siedeln seine Songs an einer schwer vorstellbaren Schnittstelle von Prefab Sprout und Momus, The Streets und Just Jack, und dabei sind Mr Hudson & The Library so sehr Old School, dass sie auch die Balladen von Frank Sinatra und Chet Baker als Inspiration nennen (und das in der verregneten Piano-Ballade „Everything Happens To Me“ und im lieblichen „Picture Of You“ auch einlösen). Der überkandidelte Ska von „Too Late, Too Late“ weckt schönste Erinnerungen an Madness.

Mr Hudson selbst hat ein Literaturstudium in Oxford absolviert und ist insofern ein wenig überqualifiziert. Dass es am Ende doch wieder nur um Glanz und Elend auf Partys und in Diskotheken (und selbstverständlich) um die große Liebe geht, ist zwar eine gelinde Enttäuschung aber mindestens die Hälfte der Songs ist brillant und ergreifend. Auf frech anachronistische Art singt Hudson das Lied „On The Street Where You Live“ aus „My Fair Lady“, einem Musical, an das sich nur noch die Alten erinnern und das kein iPod kennt.

„A Tale Of Two Cities“ ist raffinierter, gescheiter und gewitzter als die Platten zwischen Bloc Party, Kaiser Chiefs und The View- und doch bekommt Mr Hudson in der britischen Presse kaum einen Stich. Der Jahrgang ist so luxuriös, dass dieses Kleinod melancholischer Tanz-Popmusik souverän übergangen werden kann – nur „Time Out“ meldet müde: „The next big thing“. In einer anderen Zeit. Freunde.

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