Nick Lowe – At My Age :: Das Alterswerk gewinnt immer mehr an spielerischer Leichtigkeit
Es ist natürlich kein Zufall, dass Nick Löwe im Titel seines ersten Albums seit sechs Jahren mit seinem Alter kokettiert. Denn im Älterwerden ist er der unübertroffene Meister. Man vergleiche nur mal den segelohrigen jungen Mann mit der britischen Fußballer-Föhnfrisur und dem Karohemd bei Brinsley Schwarz in den Siebzigern mit dem eleganten, Anzug tragenden 58-Jährigen mit der silbernen Tolle von heute.
Musik für ältere Männer hat Löwe eigentlich schon immer gemacht, aber es scheint, als habe er erst reinwachsen müssen, denn so richtig überzeugend wurde sie erst, als er die 45 schon überschritten hatte. Er ist so eine Art Anti-Van-Morrison. Während dessen Alterswerk immer übellauniger und berechenbarer wird, scheinen Lowes Platten über die Jahre an spielerischer Leichtigkeit zu gewinnen. Mit dem souveränen Songhandwerk und den geschmackvollen Coverversionen auf “ Impossible BircT’überraschte er 1994 auch die Jungen und Junggebliebenen, die torcli songsvon „Dig My Mood“ waren vier Jahre später sogar noch besser, „The Convincer“ hielt 2001 das Niveau. Mit milder Ironie, bittersüßer Nostalgie, großer Gelassenheit und wohlklingender musikalischer Begleitung schaute er auf diesen Alben auf verlorene Lieben und gewonnene Erinnerungen. „In my life I’ve done things I’m not proud of/ And too often watched my dreams turn to sand“, croont Nick Löwe zu Manachi-Bläsern und Bar-Piano aus dem „prison built by my own hand“, und es klingt, als habe er dort auch die alleinige Schlüsselgewalt. Ein Song, der seinem einstigen Schwiegervater Johnny Cash so gut gepasst hätte wie einst „The Beast In Me“. Charlie Feathers‘ „The Man I Love“ spielt Löwe dann gar im beschwingten boom-chicka-boom-Sound des toten schwarzen Mannes. Auch die Ska-Nummer „Not Too Long Ago“ von den Uniques und Faron Youngs „Feel Again“ macht er sich gewandt zueigen.
Im eigenen „Long Limbed Girl‘ badet der old basher in seiner Erinnerung, im urkomischen „I Trained Her To Love Her“ in Altmännerallmachtsfantasien: „I’m only paying back woman kind for all the grief I got.“ Chrissie Hynde darf den gefälligen Pop „People Change“ aber trotzdem mitsingen. „The Other Side Of The Coin“, das Löwe für Solomon Burke schrieb und nun mit perlendem
Piano und verhaltenen Bläsern selbst auffuhrt, und eine der betörendsten Lowe-Balladen überhaupt, „Love’s Got A Lot To Answer For“, sind schließ‘ lieh die Verzückungsspitzen dieser geschmeidigen, gelenkschonenden Tanzmusik aus Rockabilly, Country und Bar-Jazz. Nach zwölf Songs und 33 Minuten ist alles vorbei. Sich kurz zu fassen und doch alles zu sagen, das ist Nick Lowes Definition von Altersweisheit.