Jim Ford – The Sounds Of Our Time
Wie jemand auf die Idee verfallen kann, 1967 den Gesangsstil vom Bob Dylan der Jahre 1963/64 nachzuäffen, ist nur schwer erklärbar. Jim Ford tat genau das, als er für das Mustang-Label damals „Ramona“ aufnahm. Von typischem Lou-Adler-Pop bis zu Temptations-Soul übernahm er-ein wahres musikalisches Chamäleon – im Lauf der Jahre vieles, was Erfolg versprach. Dank dieser Wandlungsfähigkeit schrieb er sogar ein paar richtige Hits – immer nur für andere. P. J. Proby war 1967 dankbar für „Niki Hoeky“, Bobby Womack später – bedingt – für „Harry Hippie“. Im Übrigen bediente er sich gern bei populären Vorlagen, die ihm als „Inspiration“ dienten. Dass bei „Happy Songs Sell Records, Sad Songs Sell Beer“ der ins Honky-Tonk-Fach gewechselte Jerry Lee Lewis der Mercury-Jahre Pate stand, kann allenfalls ein völlig tauber Mensch überhören. „Hangin‘ From Your Lovin‘ Tree“, seine dritte versuchsweise unter dem Pseudonym Jimmy Förde aufgenommene Single, war eine sehr tiefe Verneigung in Richtung Righteous Brothers und Phil Spector.
Die nächste Single mit dem kaum falsch interpretierbaren Titel „Dr. Handy’s Dandy Candy“ wurde allerdings wie die voraufgegangenen ein Flop. Aber nachdem Aretha Franklin das von ihm mit Pat und Lolly Vegas komponierte „Niki Hoeky“ ebenfalls (für „Lady Soul“) aufgenommen hatte, galt er als prima Songlieferant, als eine Art Hansdampf-in-allen-Gassen, der Lieder in allen möglichen Stilen förmlich aus dem Ärmel zu schütteln schien. Also gab man ihm 1969 die Chance, seine Debüt-LP aufzunehmen. Die Vegas-Brüder und Sid Page halfen bei den Arrangements aus, und mit James Burton, Jim Keltner und Dr. John konnte er im bestens ausgestatteten Wally Heider’s Studio die Dienste exzellenter Session-Profis nutzen. Die LP „Harlan County“ wurde ein Kuriosum, das Legenden um seine Person nicht vernichtete, sondern nur förderte. Der Titelsong und das auch recht autobiografische „Working My Way To LA“ sind, retrospektiv aus einiger Distanz betrachtet, Tony Joe White für Arme. Mit viel Streichersoße machte Sid Page aus „To Make My Life Beautiful“ eine veritable Schnulze. Stimmlich orientierte sich Jim Ford da und auch bei „Love On My Brain“ (Ford in den Liner Notes: „I’m a songwriter, not a singer. I’ve never feit like going on the road with a band on endless yours. It’s better to stay home and cash the money while others do the hard work.“) stark an Neil Sedaka. Wie ausgewechselt sang er den R & B-Evergreen „I’m Gonna Make Her Love Me“, und für die beste Interpretation überhaupt auf der ganzen Platte hatten Delaney und Bonnie Bramlett mit „Long Road Ahead“ die Vorlage geliefert. Das hatte mehr als einen Anflug von Klasse. Nurdass ein erfahrener Produzent daraus noch weit mehr gemacht hätte bei all dem im Studio versammelten Talent. Aber Ford traute sich ja in seiner Hybris auch die Produzentenrolle zu. Mit viel Fuzz-Gitarre aus Willie Dixons „Spoonful“ ein nettes Stück Psychedelic Rock zu machen, war schon ziemlich abwegig.
Wenn die Liner Notes nicht schwindeln, hortet Ford kilometerweise Tonbänder mit Aufnahmen aus den Jahrzehnten danach. 15 gibt es als Kostproben hier.