Charlotte Hatherley – The Deep Blue
Dass Mädchen von Ash ist erwachsen geworden. Hatte sich Charlotte Hatherley auf ihrem Solodebüt „Grey Will Fade“ (2004) noch nicht wirklich vom Bubblegum-Punk der Marke Tim Wheeler freischwimmen können, wagt sie sich jetzt – nachdem sie 2006 bei Ash ausgestiegen ist – mit „The Deep Blue“ in tiefere Popgewässer vor. Mit Eric Drew Feldman (Frank Black, dEUS) und Rob Ellis (PJ Harvey) hat sie ein Album produziert, das einen eintauchen lässt in kunstvoll gebaute atmosphärisch-introspektive Songwelten.
Schon die Albumeröffnung ist betörend. Hatherley verwandelt sich in die kleine Meerjungfrau und säuselt einem, begleitet von einer blubbernden Gitarre, in „Cousteau“ von den Tiefen des Ozeans eine sehnsüchtige Melodie ins Ohr. Im traurig-sanften „Dawn Treader“ wird sie dann zur Sirene Parthentope, die einen mit verschwommener Poesie ins Wasser lockt: „Swim to him baby/ Out of the mire/ Sing to your daddy/ Go tell the choir/ Last wave a-comin/ Didn’t you know?“ Den Song hat Hatherley zusammen mit Andy Partridge geschrieben. Und auch sonst erinnern viele Nummern auf „The Deep Blue“ mit ihren verschachtelten Refrains, den detailverliebten Soundschichten, den Rhythmusvariationen an das XTC-Spätwerk. „Wounded Sky“ etwa mit seiner überhitzt flimmernden Gitarre oder das erstaunlich vielfältige „Behave“, von dem sogar David Bowie schwärmt und glaubt, darin „a kind of Eno-esque quirkiness“zu erkennen. Wenn man jetzt auch noch Kate Bush nennt, hat man das Terrain, in dem Hatherley untergetaucht ist, weitgehend abgesteckt. Und dort findet man vor allem verträumte Songs einer Einsamen, einer Sehnsüchtigen vor. „Pull on your cigarette/ Pull harder on me“, fordert sie in „It Isn’t Over“.
Das Ungestüme von Charlotte Hatherleys Ash-Sozialisation kommt dagegen nur selten zum Vorschein, etwa in „I Want You To Know“, einem aufbrausendem Popsong mit twistenden Drums und vielen hübschen Details, oder in „Very Young“, das die teen angst von Ash allerdings in filigranen, erwachsen klingenden Pop übersetzt.