The Sea And Cake – Everybody
„Das wichtigste Album in 14 Jahren!“, sagen The Sea And Cake über „Everybody“. Und ein Rockalbum soll es sein. Das beweist mal wieder, dass Musiker das Reden über ihre Musik anderen überlassen soll, Leuten, die wissen, was sie an The Sea And Cake haben. Die wissen, dass jedes Album dieser unvergleichlichen Band aus Chicago so wichtig ist wie jedes andere, und die wissen, dass The Sea And Cake nie im Leben ein Rockalbum machen können.
Jedenfalls kein Rockalbum as we know it. Dafür ist viel zu viel Musik in der Band, dafür hat Sam Prekop viel zu oft das Weiße Album gehört. Nicht das von den Beatles, obwohl er bestimmt eine Schwäche hat für „Julia“ und „I will“, nein, Prekops prägende weiße LP ist Joao Gilbertos Platte für die einsame Insel von 1961. Mit der hat er Singen gelernt, und weil das neue Sea And Cake-Album weder ein wichtigstes noch ein Rockalbum ist, sondern bloß mehr vom Selben auf extrem hohem Niveau, sei an dieser Stelle mal gepriesen, was die Connaisseure der Band mit ihrer verständlichen Schwäche fürs Muso-Hafte gern überhören: dass Sam Prekop ein ganz außergewöhnlicher Sänger ist. Stimmliche Handicaps nutzt er zu seinen Gunsten, Expressivität verwechselt er nicht mit Rumbrüllen, er weiß um die Gefahren des Oversoulens und von Gilberto und anderen Brasilianern hat er gelernt, leise und diskret zu singen.
Überhaupt verfügen Sea and Cake über Eigenschaften, die so gar nicht Rock sind: eine extreme Sorgfalt verbindet sich mit einem gewissen Grund-Phlegma, es groovt immer angenehm schlapp, auch Langeweile ist kein Zustand, der ihnen fremd wäre. Und damit willst du uns das schmackhaft machen? Ja, das ist das paradoxe Wunder an SeavAnd Cake. Wie man das Primitive mit dem Virtuosen kombiniert, das wissen sie aus Jamaika, Westafrika und Köln (Can!), und aus diesen rockfernen Qualitäten entwickeln sie einen luxurierenden Drive wie niemand sonst. Da ist es fast egal, dass sie mit Brian Paulson (Slint, Wilco) zum ersten Mal einen externen Produzenten engagiert haben, so dass John McEntire im engeren Sinn des Wortes befreit aufspielen kann an seinem Schlagzeug. Wenn das Rock ist, soll es mir recht sein.