Mika – Life In Cartoon Motion

Eine Art psychedelisches Kinderbuch auf Acid“. nennt der in Beirut geborene Wahl-Londoner Mika Penniman sein erstes Album, das im UK für viel Aufsehen gesorgt hat. Wochenlang Platz eins, aufgeregte Berichterstatter, Begeisterung allerorts. Von einem Mann, den viele mit einiger Berechtigung eine One-man-Scissor-Sisters-Show nennen. Denn Mika singt seine kunterbunten Lieder zwischen Glam und Disco, Queen und dem – der fehlt noch in der Auflistung – frühen Elton John meist mit Kopfstimme, wird in der gay Community wohl gut ankommen und hat überhaupt einen ähnlichen Gesamtauftritt wie Jake Shears‘ Band.

Wer hier nicht grundsätzlich zugetan ist, hat zunächst ob der genannten Zutaten Mühe, weil das Quieken nervt und die Disco längst ein schaler Scherz ist. den sich die Geschmacklosen umhängen. Doch Mika, der kaum über 20 ist und trotzdem schon zwölf Jahre Business-Erfahrung hat – offenbar zuvorderst als Musical-Darsteller und Werbesänger-, beansprucht für sich selbst viel Integrität im Spiel. Die erste Single, der Queen-inspirierte Glam-Shuffie „Grace Kelly“, ist eine Abrechnung mit allen Menschen, die ihn und sein Talent als Entertainer in den vergangenen Jahren zwanghaft formen wollten.

Tiefer drin in der Platte wächst einem das überkandidelte Jauchzen und Ideensprudeln dann schließlich doch ans Herz. Etwa die als US-amerikanischer Rfe?B beginnende Broadway-Nummer „Lollipop“, der kieksende Ambient-Pop „Relax, Take It Easv“, auch der Beatles-Schunkler „Billy Brown“. Oberhaupt ist Mika dann am Besten, wenn er sein Piano in den Mittelpunktundden Disco-Unsinn in den Hintergrund rückt. Oder eben doch einen Moment lang ernsthaft wird, wie bei von zwei Damen mitgesungenen Schlusslied ,,Happy Ending“, und dem an The Feeling erinnernden Soft Rock von „My Interpretation“, bei dem sogar jemand akustische Gitarre spielen darf. Und dann wäre da noch der skurrile hidden track, eine ganz versunkene, etwas gespenstische Piano-Skizze namens „Over My Shoulder“, bei der Mika mit fast mittelalterlichem Gestus wie ein Eunuch singt. Da ist dann weit und breit von Cartoons keine Spur.

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