Jamie T – Panic Prevention
Wenn Jamie T auf Schmetterlingsflügeln einher flattern, eine PrO7-Flagge schwenken und ein Lied über die Frauenfreundschaft zwischen Paris Hilton und Britney Spears singen würde — es würde mir ehrlich gesagt tausendmal weniger kalkuliert vorkommen als das, was seine erste Platte tatsächlich ist: noch eine Eulenspiegelei aus England, jugendlich, London-haft, lebensnah, von geschickten Leuten dem Heimstudio des kleines Genies entrissen, und so weiter. Was immer man über Jamie T sagt, es klingt wahnsinnig nach The Streets, Pete Doherty, Arctic Monkeys, Plan B und Lilv Allen.
Das sind die Leute, die so einen süßen Akzent und so nette Triefaugen haben, dass man ihnen nichts abschlagen kann. Der neue britische Lausbübchen-Adel. Den Freizeit-Sozialkitsch über Straßen, Imbissbuden und Geldprobleme, betrunkene Autofahrten und die beste Art, Frauen auszuführen, gibt es hier immerhin mit echten Gags – zum Beispiel wenn der 20-jährige Jamie sagt, er habe sich statt eines Gewehrs, mit dem er Leute erschießen könne, lieber eine Bassgitarre gekauft. Ein Schelm mit Krähstimme, er kann nörgeln, nerven, sowas Ähnliches wie rappen und richtig singen, manchmal nur von der ungefährlichen Bassgitarre begleitet, es klingt fantastisch: die entschlossene Weinerlichkeit, das tendenziell Hangover-geplagte, als ob er sich gegen das Nicht-Bekommen dessen, was er fordert, gleich durch leichtes Leiern absichern würde. Im Hintergrund hört man ein Seemannslied, einen Reggae, einen Strandpromenaden-Tanz, einen nach den Hausaufgaben programmierten HipHop-Track, alles ein bisschen, nichts richtig, also so, wie man sich 2007 „typisch weiß und britisch“ vorstellt. Und da ist nichts gegen zu sagen. Ein betrunkenes Mädchen in Schuluniform sieht ja toll aus.
Diese Debütplatte wird eh ein Klassiker werden, aber gerade bei Jamie T wäre ich mir jetzt nicht sicher, ob der Charme nicht schon verbraucht sein könnte. Das Abgefuckte, Dialektöse, Piss-Romantische nimmt man so einem Künstler kein zweites Mal ab, wenn die Musik nicht wirklich sensationell ist. Wie auch immer, das Debüt ist gut.