New Noises

Sie kommen zwar aus einem Vorort von Los Angeles, doch die COLD WAR KIDS erkunden in ihren Story-Songs hauptsächlich den dunklen Süden der USA, mischen – ähnlich wie die fantastischen Walkmen aus New York — Traditionalismen mit zeitgeistiger Gitarrenmusik und Theatralik. So erinnert Nathan Willets Gesang in hysterischen Momenten auf ihrem Debütalbum „Rohbers & Cowards“ gar an Jeff Buckley. Vom britischen „NME“ wurden die Cold War Kids bereits nach den ersten EPs als beste neue amerikanische Band gehandelt.

Die drei Londoner von LITTLE BARRIE haben die extensiven Lobhudeleien, die Debütanten im Popkönigreich gelegentlich zuteil werden, bereits hinter sich. Sogar der große Morrissey war begeistert und nahm sie mit auf Tour.

Ein anderer alter Held, Edwyn Collins, hatte ihr erstes Album „We Are Little Barrie“, eine gelungene Reminiszenz an 60s-Soul und britischen Folkrock, produziert. Für „Stand Tour Ground“, das berühmte schwere zweite Album, produzierte Dan „The Automator“ Nakamura einige der Stücke, und auf dem Plattenteller der neu formierten Band (Schlagzeuger Wayne Fulwood ging, Billy Skinnerkam) drehte sich klassischer Rock’n’Roll und Garagenrock. So ist „Stund Tour Ground“ ein bisschen kantiger, aber auch konziser geworden.

„Klingt irgendwie wie… THE SHINS – ein Satz, den man seit dem enormen Erfolg von „Chuts Too Narrow“, das in den USA bereits 2003 erschien und über die Jahre irgendwann in jeder Hausapotheke zu finden war (zumindest wenn sie von jungen Damen bestückt wurde), öfter hörte. Dann noch das spektakuläre name-dropping durch Natalie Portman,die in ZachBraffs Indie-Schmindie-Erfolgsfilm „Garden State“ behauptet, der Shins-Song „New Slang“ könne Leben verändern. Das Leben der Shins hat er sicher verändert. Aber keine Angst — „Wincing The Night Away“ klingt nicht nach vier Jahren harter Arbeit und Dem-eigenen-Hype-Hinterherlaufen.

Die Melodik des popsensiblen Sängers James Mercer bestimmt noch immer den sublimen Emo-Pop dieser neben Modest Mouse vielleicht zur Zeit größten amerikanischen Indie-Band. „Sometimes you walk the line/ Sometimes the line walks you“ — zu gern hätte man diese Zeilen noch von Johnny Cash gehört. Aber auch Adam Turla ist geübt im dunklen, unheilvollen Vortrag.

Meti (und woman) in black sind sie allesamt in seiner Band MURDER BY DEATH. Ihr neues Album „In Bocca Al Lupo“, das Bilder des alten amerikanischen Westens heraufbeschwört, wie man sie sonst nur aus Spätwestern oder den zugehörigen Soundtracks von Ehren-Oscar-Preisträger Ennio Morricone kennt, basiert lose auf Dantes „Gottlicher Komödie“.

Diese Stimme erkennt man natürlich auf Anhieb. Seit ihrem Debüt von 1979 (auf das wir später auf dieser Seite noch zu sprechen kommen) ist die ehemalige Waits-Gespielin RICKIE LEE JONES die Duchness of Coolsville, gab den besten Kumpel, die verquer maunzende Jazz-Diva, die sensible Songwriterin, die emphatische Interpretin, und blieb dabei immer eine der teuersten Freundinnen des Plattensammlers. „Sermon On Exposition Street“ ist nun ihr erstes neues Album in vier Jahren. Eine transparente, fast moderne Produktion, die einem noch einmal vor Augen führt, wem viele der Fräuleinwunder in den letzten 28 Jahren ihren Stil und ihre Inspiration verdankten.

Satomi Matsuzakis Stil ist zwar ebenfalls sehr eigenwillig, doch mit Rickie Lee Jones hat dieser nicht ganz akzentfreie, vordergründig naive Vortragsstil der DEERHOOF-Chanteuse wenig gemein. Er bildet die mädchenhafte Vorhut für die idiosynkratischen Mitstreiter Greg Saunier und John Dietrich, die auf ihrem im Vergleich zum Vorgänger fast knalligen- neunten Album „Friend Opportunity gewohnt eklektisch zu Werke gehen. Dabei streuen sie zwischen ihre verqueren Ideen einige echte Popschmankerl.

Der Weltenbummler und ehemalige Neutral Milk Hotel-Schlagzeuger Jeremy Barnes veröffentlichte 2004 ein erstes Album unter dem Moniker A HAWK AND A HACKSAW.

Minimalistische Avantgarde, die eher an Steve Reich erinnerte als an die Neo-Psychedelia seiner früheren Band. Auf dem zweiten Album seines neuen Projektes wurde es mediäval, erklangen Dudelsäcke und Flötentöne. Dann lernte Barnes einen jungen Songwriter aus Albuquerque kennen, der bei seinen Reisen durch Europa den Balkan-Folk entdeckt hatte, und half ihm, sein Debütalbum aufzunehmen. Dieser junge Mann heißt Zach Condon, das unter dem Namen Beirut veröffentlichte Album heißt „Gulag Orkestar“ und tauchte in vielen Bestenlisten des vergangenen Jahres auf. Nun führt Barnes mit Freunden als A Hawk And A Hacksaw seine osteuropäischen Folklorestudien auf „The Way The Wind Blows“ fort.

Ein Erfolgsmodell: vielköpfige Rasselbande aus Montreal mit einem Ehepaar mittendrin. Dieses Mal handelt es sich allerdings nicht um Arcade Fire (wenngleich auch deren Wiederkehr nicht mehr lange auf sich warten lässt), sondern um THE BESNARD LAKES. Ein wilder Soundmix ist das, den sie da auf ihrem zweiten Album „The Besnard Lakes Are The Dark Horse“ zusammen musizieren. Brachialgitarren, Streicheropulenz, aschfarbene Atmosphärik, sonnendurchflutete Chöre und Sixties-Melodik. „They won’t play your song on the radio“, singen sie. Da könnten sie allerdings Recht haben.

Der nächste Song wurde bestimmt schon mal im Radio gespielt. In der Version von Peter, Paul and Mary war „Puff The Magic Dragon“ nämlich ein großer Hit. BONNIE „PRINCE“ BILLY AND RED nahmen den Song bereits 2005 für eine Single neu auf. Nun erscheint ihre Version auf dem Sampler „Songs For The Young At Heart“, einem Projekt der beiden Ex-Tindersticks-Musiker Stuart Staples und David Boulter, die mit Gästen wie Go-Betweens-Gentleman Robert Forster, Lambchops Kurt Wagner, Jarvis Cocker, Cerys Matthews und eben Bonnie Billy die Musik ihrer Kindheit in bezaubernden Versionen neu erstehen lassen.

Alte Bekannte sind mittlerweile auch die Americana-Adepten von RICHMOND FONTAINE. Vor zehn Jahren erschien ihr erstes, damals vielbeachtetes Album „Safety“, für ihr neuestes Werk, „Thirteen Cities“, sind sie von Portland, Oregon (zur Zeit ja eine kleine Pop-Metropole) nach Tuscon, Arizon (home of Giant Sand, Calexico etc) gezogen, „to capture the spirit of South West“. Nur logisch, dass Howe Gelb und Joey Burns mit Gastauftritten ihren Teil dazu beitragen.

„Stromundgitarre“ feiert das gute alte Mixtape —allerdings in digitaler Form. Die zweite Folge dieser charmanten Reihe vereint wieder vollkommen Unbekanntes, Demos und Unveröffentlichtes von Bekannten (dieses Mal u.a. von Sport, Katze, Superpunk und Schrottgrenze) – schönen melodiösen Indie-Rock aus deutschen Landen also. Und aus Schweden. Denn „stromundgitarre — Folge 2“ wird furios eröffnet von [INGENTING], einer Band aus Stockholm.

Die kalifornische Song-Writering ELENI MAN-DELL hat musikalisch großes Glück gehabt: Ihre Mutter brachte ihr schon früh amerikanische Showtunes von Cole Porter, George Gershwin und Rogers & Hammerstein nahe, ihr Vater infizierte sie mit Hank Williams, den Beatles und Bob Dylan. Und nun spielt sie auf ihrem fünften Album „Miracle Of Five“ mit dem Chef des Anti-Labels, Andy Kaulkin, Wilco-Gitarrist Nels Cline und nicht zuletzt DJ Bonebrake, Schlagzeuger der L.A.-Punks X, die Mandell seit frühester Jugend verehrt. Entdeckt wurde Mandell übrigens auf dem Campus von Berkeley von Schlagzeuger und Tom-Waits-Buddy Chuck E. Weiss, dem Rickie Lee Jones auf ihrem Debütalbum mit ihrem Song „Chuck E’s in Love“ ein Denkmal setzte.

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