Blodwyn Pig- Ahead Rings Out
Nicht nur die Absolventen der John-Mayall-Schule gründeten notorisch eigene Bands, um es zu Ruhm und besseren Einkünften zu bringen. Die Zahl der Musikanten mit eingestandenen Jazz-Ambitionen, bei denen Pop ein Schimpfwort war, nahm in England gegen Ende der 60er Jahre sprunghaft zu. Patto, Keef Hartley, Tramline mit dem großen Mick Moody und viele andere mit vergleichbaren Ambitionen hatten eine ganze Zeit lang keine Probleme, bei jederzeit interessierten Indie-Labels ihre Aufnahmen zu veröffentlichen und willige Konzertveranstalter auch auf dem Kontinent diesseits des Kanals zu finden.
Beim Debütalbum von Jethro Tull mit den markanten Blues und Jazz-Beiträgen hatte Gitarrist Mick Abrahams den Gang der musikalischen Dinge noch sehr stark in seinem Sinne beeinflusst. Als er nach „This Was“ den Bettel hinwarf und Blodwyn Pig gründete, war es mehr der an diversen Blasinstrumenten brillierende Kollege Jack Lancaster, der Jazz-Ambitionen anmeldete. Im selben Jahr 1969 ließen zwar Robert Fripp und KingCrimson mit ihrem Debüt „In The Court of the Crimson King“ die meisten neuen Jazzrock-Formationen ziemlich alt aussehen. Aber den Mangel an Neutöner-Qualitäten auf demselben Niveau kompensierten beispielsweise Blodwyn Pig durch beachtliche Songschreiber-Klasse in Sachen Blues („DearJill“), sehr hübschem Progressiv-Rock („See My Way“). Folk („The Change Song“) und Folkjazz-Fusion („Leavelt With Me“), die bei Konzerten dann jedem reichlich Raum für Improvisation ließ.
Was nachträglich (jedenfalls mich) immer noch verwundert: Das von Chris Blackwell produzierte Debüt von Tramline, superb musizierter traditioneller Blues mit virtuosen Einlagen, wurde ein totaler Flop, während es das Erstlingswerk von Mick Abrahams Quartett tatsächlich bis auf Platz 9 der englischen LP-Hitparade brachte. Daran änderte auch schon gar nichts der schnoddrige Kommentar des Gitarristen in den Liner Notes zu „Up And Coming“ („Blues strictly for upper class people and M.P.s“). Sehr lustig und zynisch und nicht ganz von der Hand zu weisen, auch angesichts der Qualität des Stücks. Dieselbe Klasse wie der „Blues DeLuxe“ der Jeff Beck Group war das wahrlich nicht, aber trotzdem der weit erfolgreichere Einstand. Das hatte womöglich mit Mundpropaganda, vielleicht auch mit diesem scheußlichen Cover zu tun. Die Singles jedenfalls hatte niemand hören wollen, „DearJill“ mit der bluesrockigen B-Seite „Sweet Caroline“ nicht und auch die nächsten beiden nicht, hier alle komplett unter den sieben Bonus-Tracks.
Beste Zugabe ist das in Jethro Tull-Fahrwasser kommende „Walk On The Water“, ein wenig Geschmackssache die sehr jazzrockige Fassung von „Slow Down“ des Bad Boy Larry Williams. An der kann man allerdings exemplarisch dingfest machen, wie stark sich seit der hinreißenden Deutung der Beatles die Vorstellungen von klassischem Rock’n’Roll verändert hatten. Vom zweiten und letzten Album gibt es eine einzige Kostprobe („Meanie Mornay“). Dabei wäre für ein kleines „Best Of“-Destillat desselben hier noch Platz gewesen.
Immerhin ein weiterer Bonus: Gegenüber dem Vorjahren mal von BGO vorgelegten CD-Remake hört man bei diesem Remaster doch einigen klanglichen Fortschritt,