John Lee Hooker -Hooker

Zu den großen Blues-Originalen, die sich irgendwann für immer bei einer bestimmten Plattenfirma verdingten und nur noch für die aufnahmen, gehörte John Lee Hooker ganz im Gegensatz zu einem Howlin’Wolf, Mississippi John Hurt oder Skip James nie. Nicht mal in seinen jungen Jahren. Die diskografische Gemengelage ist ja im Fall von Elmore James schon kompliziert genug. Beim Großmeister des endlosen Boogie blicken selbst Spezialisten nicht wirklich voll durch. Das fängt schon damit an, dass seine 1993 mal von Ace Records für eine CD zusammengefassten zwei Dutzend „Legandary Modern Recordings 1948-54“ nur eine Auswahl der populärsten Aufnahmen aus diesen Jahren darstellten. Die waren weltweit schon immer auf Dutzenden, ach was: Hunderten LPs in verschiedensten Kompilationen veröffentlicht worden, von zwei cleveren Geschäftsleuten nicht nur an die Bihan-Brüder, sondern auch viele andere kleine Plattenfirmen lizenziert. Von denen dann wohl wieder an andere sublizenziert, die exakt dieselben Einspielungen unter anderen Künstler-Pseudonymen raus brachten. Trotz penibelster Recherchen konnten auch sonst bestens informierte Blues-Historiker die Sessions für so berühmte Klassiker wie „Boogie Chillen“ nicht exakt datieren. Drei Jahrzehnte nach seinen ersten Demos erinnerte sich Hooker an diese Sessions in einem Plattenladen (sie!) zumindest noch so vage, dass er die auf Mitte 1948 datierte. Als Ace Records die fabelhafte Retrospektive seiner Anfänge veröffentlichte, hatte er das reifere Alter von 73 erreicht und konnte zu denselben nicht mehr so viel Erhellendes an Informationen beitragen. Aber nach seinem Comeback mit „The Healer“ hatte ihn Jack Nitzsche für den Soundtrack zu Dennis Hoppers „The Hot Spot“ verpflichtet, mit dem Folge-Album „Mr. Lucky“ schaffte er es — eigentlich unglaublich — bis auf Platz 3 der englischen Hitparade. Wie in den Liner Notes vermerkt, begleitete damals eine ganze Eskorte hübscher junger Damen den alten Herrn zu Besuchen in Clubs, und in einer seiner Villen hatte er ein ganz großes Bild von Rudolph Valentino als einziges aufhängen lassen: Hollywoods berühmtester Latin Lover war für ihn zeitlebens ein Idol geblieben. Dass er es im 70. Lebensjahr doch noch zum Multimillionär bringen sollte, verdankte er dem Gründer einer kalifornischen Agentur, der sich ihm als Manager andiente und das zu einem weltweiten Erfolg machte, was man für gewöhnlich als Tribute-Album bezeichnet. Kein Gedanke allerdings, dass diese späten Platten dieselbe Überflieger-Klasse erreichten wie die späten eines Muddy Waters, die Johnny Winter als Produzent verantwortete. Dass die bei diesem Box-Set zur Gänze — 17 an der Zahl — die vierte CD füllen, muss man als Konzession an nach geborene Fans akzeptieren.

Die für Modern, Vee-Jay, Riverside, Chess und Impulse! eingespielten Klassiker sind natürlich der Stoff, auf dem diese seine Legende gründet, und die findet man reichlich wie die für Bluesway/ABC und Liberty auf den ersten drei CDs. Das wirtschaftlich ziemlich finstere Mittelalter seiner Karriere währte immerhin an die 15 Jahre. Das war dieselbe Zeit, in der George Thorogood aus Hooker-Evergreens wie „One Bourbon, One Scotch, One Beer“ (und ein paar von Elmore James) eine ganze Karriere zimmerte und die erfolgreichen Tourneen durch England während der 60er Jahre eine immer fernere Erinnerung wurden.

Wer die wichtigsten Aufnahmen aus seinen großen Jahren besitzen wollte, musste immer zu Retrospektiven der einzelnen Labels greifen. Unverzichtbar die von Modern und Vee-Jay, auch die „Real Folk Blues „-Samplers von Chess. Und genau genommen auch das von einem Mann des Jazz — Bob Thiele — für Impulse! produzierte „Serves Tou Right To Suffer“.

Hier findet man immerhin eine hervorragende und kenntnisreich zusammengestellte Auswahl von Songs aus einer 60 Jahre währenden Karriere – vor allem sehr viele Evergreens auch aus der Vee-Jay-Ära und ein paar essenzielle Raritäten für Atco und Savoy oder das für Wand aufgenommene „I Cover The Waterfront“. Prima Liner Notes kommen hinzu -und naturgemäß viel wohlfeiles Lob von den Stars, die John Lee Hooker auf seinen späten Platten begleiteten.

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