Pretenders :: Pretenders
Heute denken manche Flitzpiepen, New Wave sei, wenn junge Kerle schwarze Lederjacken, knappe Anzüge und Sonnenbrillen tragen und Lärm machen. Andere wiederum denken, New Wave (gar „Wave“) sei ein musikalisches Genre. Nun war New Wave natürlich eine Haltung, und die sah aus wie Elvis Costello & The Attractions, wie Squeeze, sogar wie Ian Dury & The Blockheads, wie die Talking Heads, wie The Cure. Vor allem aber sah New Wave aus wie die Pretenders auf dem Cover ihrer Debüt-LP, einem der großen Debüt-Alben. Chrissie Hynde – das Mädchen aus Akron, Ohio, das Ray Davies bewunderte und schließlich herumkriegte sang „Precious“, „Tattoed Love Boys“, „Stop Your Sobbing“ und „Brass In Pocket“ zum stupenden Rock’n Roll ihrer drei Mitspieler: sexy, arrogant, schneidend. In dieser Musik gibt es überhaupt kein Morgen, nur die Gegenwart. Die Pretenders hatten auch verteufelt gute Songs – „Brass In Pocket“, heißa! „Pretenders II“(* * * *), 1981 erschienen, ist beinahe so glänzend, dabei subtiler, gebremst, lauernd. Jeftzt war Hynde auch noch eine Balladen-Sängerin: „I Go To Sleep“, „Birds Of Paradise“. Noch immer verknüpfte sie Provokation und Aufreizendes mit sophistication wie in „Bad Boys Get Spanked“, einer Nummer, die jeden Porno übertrifft.
Die Pretenders waren damals in England noch erfolgreicher als in den USA, wo das alles ein bisschen zu steil und frech wirkte. Chris Thomas, der die Alben produzierte, bekam später Aufträge von Pete Townshend und von Pulp, die ja sonst wenig verbindet, nicht einmal der Sound. Thomas überführte das Rabiate der Pretenders in den energetischsten und diszipliniertesten Sound, den vier Musiker erzeugen können. Wobei Hyndes Stimme natürlich so wichtig war wie James Honeyman Scotts Gitarrenspiel. Der einzigartig begabte Mann starb 1982; angeblich tötete ihn eine Oberdosis Kokain und Heroin. Bassist James Farndon, aus der Band entlassen, ging ebenfalls an seiner Drogensucht zugrunde.
Es war nie mehr dasselbe. Chrissie Hynde brachte 1984 ein tapferes Album mit einem wunderschönen Plattentitel heraus: „Learning To Crawl“. Dann sang sie mit den Arbeitslosen von UB40. (RHINO)