Paul Stanley – Live To Win
Alte, aussortierte „Playboy“-Videos, auf denen große Frauen beim Autowaschen kleine Bikinis tragen, machen auf einmal wieder Spaß: Man kann sie letzt neu vertonen. Kiss-Sänger Stanleys zweite Soloplatte – bei der ersten von 1978 hatte er noch die Sternenkinder-Schminke im Gesicht – passt dafür hervorragend, ist aber für alle anderen denkbaren Anlässe zu „mangelhaft“ („Stiftung Warentest“). Diese Art von Melodie Rock, der in lachhafter Kämpferpose mit Vokuhila über die Couchgarnitur stolziert, mit schlecht gefälschtem Schweiß und saudummen Gitarrensoli – die will man heute nur noch von Bands aus Baden-Württemberg oder der Schweiz hören. Paul Stanley klingt mehr, als hätte er die zehn Lieder live in einem Musikaliengeschäft in Beverly Hills autgenommen. Mit allen Kunden, die an einem Samstag im Jahr 1987 nachmittags um zwei gerade Instrumente ausprobiert haben.
Was uns wenigstens mal wieder die Gelegenheit gibt, in Stichworten zu beteuern, was Kiss Mitte der Siebziger für eine wahnsinnig tolle Rockband waren: die fantastischsten Lügenerzähler, weil ihnen in derartigen Kostümen eh keiner glaubte. Die japanischste Band New Yorks, mit „Love Gun“, „Mr. Speed“, „Black Diamond“. Stanleys Songs, Sex-Arien, die er als weibisch heulender Engel mit dem Teufel Gene Simmons im Duett sang. Simmons hat den besseren Part erwischt, hat jetzt eine Familien-Doku-Soap im Fernsehen, die viel lustiger als die „Osbournes“ ist, während Paul Stanley mit Schleimfliegen wie dem Hilfskomponisten Desmond Child arbeiten muss (der Kiss schon mit „I Was Made For Loving You“ ins Pech geritten hat), um hinterher Textzeilen wie „Live to win/ Take it all/Just keep fightin‘ till you fall“ als Alterstiefsinn anpreisen zu können.
Das erste Mal in der Geschichte, dass man diesem Mann empfehlen möchte, mal öfter mit Frauen ins Bett zu gehen.