Wolf Eyes – Human Animal
Ups, jetzt muss Scott Walker doch noch Platz machen in der Hitliste „furchterregendste Platte des Jahres“. Oder in „Platten, die man auf keinen Fall im Shuffle-iPod haben sollte, wenn man nachts durch Tiefgaragen geht“. Und in „Musik, die man nicht zum Frühstück hören kann, außer es gibt gebratene Krötenschwänze oder so“. Wie das Trio Wolf Eyes die Werte von Pop, Song und Harmonie vernachlässigt, das hat allerdings nichts Kokettes oder betont Dekonstruktives – das ist Ambient-Musik, wie man sie im Prinzip von Hippie-Elektronikern kennt. Aber eben Ambient-Musik für schreckliches Ambiente. Malmende Räder, knirschendes Gewebe, im Dunkeln verirrte Walkie-Talkie-Signale, die Stimmen schimpfender Dämonen, Techno mit gravierender Herzrhythmus-Störung. Im angewandelten Zitat von Beach Boy Brian Wilson: Klänge, bei denen der Hörer sich ungeliebt fühlt.
Natürlich war es Thurston Moore von Sonic Youth, der Wolf Eyes im Noise-Kassetten-Underground von Ann Arbor, Michigan entdeckte, die Band mit ihren selbstgebauten Terror-Maschinen bei der „Lollapalooza“-Tour unterbrachte und dafür gesorgt hat, dass ihr drittes und jetzt ihr viertes Album bei der Rock’n’Roll-Firma Sub Pop herausgekommen sind.
Wer „Human Animal“ nur als gewalttätigen Gegenentwurf zur schönen Riff-Refrain-Musik sieht (und in dem Kontext steht so eine Platte auf diesen Heftseiten zwangsläufig), kommt allerdings nicht weit. Man könnte die in Schiefer gehauenen Spannungsbögen erkennen, die zwischen Stücken wie „Lake Of Roaches“ und „The Driller“ verlaufen. Man könnte beobachten, wie sich der Industrial-Sound hier langsam im Biologischen auflöst, wie die Musik Angst erregt, ohne Geisterbahn-Schmand a la Marilyn Manson zu benutzen. Dazu muss man sich aber trauen, Wolf Eyes mehr als einmal anzuhören. Leuten, die an sich nett sind, wird man das ungern zumuten.