T-Bone Burnett :: Twenty Twenty – The Essential

Eine Werkschau des genialen Americana-Adepten Nach der generösen Alpha Band-Retrospektive kürzlich und einem – nach 14 Jahren Plattenpause vor ein paar Monaten erschienenen – phänomenalen Comeback-Album ist das hier an offer you can’t refuse für alle, die sich neugierig geworden mit dem kompositorischen Schaffen des Mannes näher befassen wollen. Denn das war in der Vinyl- wie auch in der CD-Ära selten komplett käuflich, „Proof Through The Night“ (1983) bislang überhaupt noch nicht als CD, etliche andere nur ganz kurzfristig. Irgendwer wird ihm bei Columbias A & R-Abteilungerklärt haben, dass man eine Doppel-CD in der „Essential“-Serie mit dafür von anderen Firmen lizenzierten Aufnahmen für verkäuflich halte, ein ausgewachsenenes Box Set eher nicht. Also war Beschränkung angesagt.

Weshalb es aus der Alpha-Band-Zeit nur ganz wenige, vom unterschätzten Debüt „The B-52 Band &f The Fabulous Skylarks“ (da noch unter dem Namen J. Henry Burnett) leider keine einzige Aufnahme gibt. Nicht dass sich da 1972 ein frühvollendetes Wunderkind vorgestellt hätte. Aber das sehr lennonesk gesungene und fabelhaft musizierte „We Have All Got A Past“ klingt wie allerbeste Rhythm 6? Blues Revue von Delaney &f Bonnie zu der Zeit, und ein paar gar nicht üble andere gab’s da auch.

Von dem allseits bei Kennern geschätzten „The Talking Animals“ gibt’s leider auch nur ganze drei Songs, immerhin diesen irrwitzigen in vier Sprachen gesungenen Tango „Image“, aber nicht das mit Tonio K. geschriebene „The Strange Case Of Frank Cash And The Morning Paper“, eine der bizarrsten Mörderballaden aller Zeiten, als ein auf fünfeinhalb Minuten kondensiertes Schauspiel inszeniert. Die restlichen LPs sind besser vertreten, „The Criminal Under My Own Hat“ gleich mit acht, das von Warner Bros, nie wiederveröffentlichte „Proof Through The Night“ immer noch mit sieben Aufnahmen. Nicht eine davon chronologisch nach ihrer Entstehung im Sequencingsortiert! Was Mr. Burnett, eine wandelnde Enzyklopädie der Populärmusik des letzten Jahrhunderts, auch dadurch als brillanter Produzent qualifiziert, womöglich als didaktische Finesse betrachtet. Denn so hört jeder, auch der Fan, der die LPs kennt, die Stücke außerhalb des ursprünglichen Kontexts ganz neu. Als er solo 1980 auf Takoma mit „TruthDecay“ debütierte (mit Koryphäen wie Billy Swan, Stephen Bruton und Steven Soles), ließ er immer auch mal den Kenner raushängen, ohne sich dessen zu schämen. Mehrere seiner neuen Songs klangen hier wie große verschollene Everly Brothers-Klassiker. Bei anderen beschwor erden Heiligen Geist der Sun Studios wie niemand sonst besser. In anderen den von Elmore James. Das irgendwo von Johnny Cash inspirierte „Power Of Love“ war ein Stück Americana, lange bevor jemand den Begriff erfand.

Offenbar gänzlich unzufrieden über das, was er hörte, als er sich mit “ Proof Through The it“ für dies Projekt noch einmal beschäftigte, fertigte er mittels der Multitracks von fünf der sieben ausgewählten Aufnahmen ganz neue Remixes an. Von den drei folgenden LPs der Jahre 1986 bis 1992 dann aber nichts.

Dafür gibt es für seine Fans fünf rare respektive ganz unveröffentlichte Aufnahmen: das mit Roy Orbison und Bob Neuwirth geschriebene „Kill Zone“ (Greg Leisz an der Slide Guitar und Ehefrau Sam Phillips mitsingend); das wie eine ganz große Roy-Orbison-Ballade klingende „The People’s Limousine“ (1985 Elvis Costello an der Gitarre, damals als The Coward Brothers aufgenommen); die unveröffentlichten „Song To A Dead Man“ und „Bons Temps Rouler“ sowie seine Cover-Version von J. B. Lenoirs „Man Don’t Dog Your Woman“, für Wim Wenders‘ Film „The Soul Of A Man“ eingespielt.

Bill Flanagan nennt Burnett in den Liner Notes „a one-man counterculture“. Da ist allerdings was dran. Das bestätigte nicht zuletzt unlängst seine neue Platte „The True False Identity“, die in Deutschland freilich wenig Aufmerksamkeit fand. Weil die verschiedenen Songs für etwa ein halbes Dutzend verschiedene Labels aufgenommen wurden, kann man das vorliegende „Legacy“-Album „The Essential“ bei uns leider mal wieder nur über einen Importeur seines Vertrauens beziehen. In diesem Fall ist das natürlich auch sehr dringlich zu empfehlen, (columbia lega cy)

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