Lloyd Cole – Antidepressant
Es ist natürlich ein entweder grandioser oder müder Scherz, wenn Lloyd Cole eine Platte „Antidepressant“ nennt. Der Großmeister des Zweifels und der schlechten Laune erzählt auch diesmal von der Krise, jetzt der mittleren Jahre. In „The Young Idealists“ beleuchtet er eine Spezies, zu der er schon nicht mehr gehört, obwohl sich der Erzähler hier einschließt: „Careering through the markets to the mall/ Still supposing we could make a difference/And then the markets fall/ And the heavens open/And there’s no synergy at all.“ Im ebenfalls bittersüßen „Woman In A Bar“ beschreibt er die Faulheit des Familienmannes: „No longer angry/ No longer young/No longer driven to distraction/ Not even by Scarlett Johansson.“ In „NYC Sunshine“ erklingen erstmals die Streicher des Establishment Ensemble, nicht so strahlend wie auf „Don’t Get Weird On Me, Babe“ – aber Cole lässt sich hier ohne Zynismus mit „Junkies und Millionären“ durch die Stadt treiben. „Maybe I’m going back to Garden City.“
Der Schwung ist bereits aufgebraucht und weicht einem Flüstern, einem Ton der Intimität. In „I Didn’t See It Coming“ und dem herrlichen „How Wrong Can You Be?“ blicken wir nur noch auf die Scherben, musikalisch höchst elegische Schadensberichte. „Everysong“ erinnert mit Mundharmonika und Background-Chor an den frühen Cole. Andere Stücke sind nicht derart suggestiv. Manchmal erinnert der Sound – mit „Synth Programming“ und Lloyd am Schlagzeug- an sein bizarres Elektronik-Experiment „Plastic Wood“ oder (wie „Travelling Light“) an andere schlichte Lieder mit ähnlicher Melodie. Aber am Ende, im warm pluckernden „Rolodex Incident“, begreift man die Stimmung, die Cole wohl im Sinn hatte: „Rememberall I asked/Was just a little quiet please.“
Wahrscheinlich müssen wir uns damit begnügen, dass Lloyd Cole in seiner wie beiläufigen, trägen und resignativen Art die allertröstlichsten Songs schreibt – aber manchmal auch im eigenen Phlegma verschwindet wie in einem wohligen Nickerchen (oder im New Yorker Sonnenschein!): „Softly, softly, softly I will slip away/ And then into the ether where I belong.“