„BongO Europa“

von Dirk Wittenborn trägt den Untertitel „Memoiren eines zwölfjährigen Sexbesessenen“. Zu Recht! Der an altersgemäßem Priapismus leidende Dirk reist mit seiner Familie für ein paar Wochen nach Europa, dem heiligen Sündenpfuhl seiner Tagträume, und versucht die Nervensäge zwischen seinen Beinen immer wieder durch Ersatzhandlungen ruhig zu stellen: Er kauft sich diverse Springmesser, ein Luftgewehr, trinkt in Jugoslawien Wasser aus der Leitung und wird sogleich Opfer von „Titos Rache“. Dann beginnt auch noch der Vietnam-Krieg, und sie müssen schnellstens das Land verlassen. Am Ende der Reise darf er mit seinem Vater, dem prüden Starpsychologen, durch die Pariser Strip-Bars gondeln – und hier sieht Dirk die Sonne aufgehen… in dieser schmalen Erzählung gelingt es Wittenborn nicht nur ganz beiläufig, das verdruckste Klima der USA vor der sexuellen Revolution einzufangen, es ist zugleich ein bei aller Illoyalität und witzigen Denunzierungslust empathisches Porträt einer Familie, die den gesellschaftlichen Aufstieg in die Upper Class schafft – und sich dabei leicht verbiegen muss. Das Porträt vor allem eines Vaters, der so viel weiß über menschliche Verhaltensmuster und trotzdem nicht aus seiner Haut kann, und ein bisschen packt Dirk dabei die Melancholie angesichts „der Erkenntnis, dass es so etwas wie Erwachsene nicht gibt, Eltern eingeschlosssen“.3,5

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates