„Frank Sinatra ist erkältet“
„Frank Sinatra ist erkältet“ von Gay Talese präsentiert Reportage-Meisterstücke dieses Stammvaters des New Joumalism, nicht zuletzt die titelgebende lange Story über Sinatra – an den er nicht rankommt, weil der Sänger schlechte Laune hat, weshalb er ihn wochenlang umschleicht, sein Milieu, seine Freunde, seine Mitarbeiter beschreibt. Talese nennt dieses intensive, zeitraubende Rechercheverfahren „the fine art of hanging around“, für das man schon eine Institution wie den „Esquire“ im Rücken haben muss, die solche Mätzchen auch finanziert. Aber Talese bekommt tatsächlich so oft mehr heraus, als es bei einem herkömmlichen Interview der Fall gewesen wäre – das er allerdings auch beherrscht.
Talese steht ein bisschen im Schatten seiner Kollegen Tom Wolfe und Hunter S. Thompson, vielleicht auch, weil sein Stil unaufgeregter, soignierter und seine Erzählhaltung deutlich objektiver ist. Er schreibt die eigene Person nicht so stark hinein in die Geschichten, liefert weniger Meinung oder Idiosynkrasie als vielmehr Fakten. Dass auch die unter der Hand eines eleganten Erzählers leuchten können, zeigt dieser Band. (22,90 Euro)