Woven Hand – Mosaic
Holt die Kinder rein. Klappt die Fensterläden zu. Er ist da. Der manische Straßenprediger aus Colorado ist wieder da, um von Erbschuld, von Verderbnis und ewiger Verdammung zu singen. Und er macht kein mittelalterliches Kasperletheater mit Schalmeienklang wie Richie Blackmore, In Extremo oder Tanzwut. David Eugene Edwards ist von heiligem, archaischen Ernst beseelt. Auge um Auge, Zahn um Zahn, Ton um Ton. Das Wort Vergebung existiert in seinem Vokabular nicht. Von den 16 Horsepower-Gefolgsleuten hat er sich vor Jahresfrist getrennt, aus „politischen und spirituellen Gründen“, wie es heißt.
Mit seinem schon 2001 ins Leben gerufenen Sideprojekt furcht der christliche Fundamentalist aus den Appalachen nun mit weiter gesteigerter Inbrunst den Acker des gnadenlosen, alttestamentarischen Richters. „The fear is only the beginning, it is a good night to shiver“, heult Edwards in „Dirty Blue“, einem Song, der gleichermaßen geeignet wäre für den Auftritt finsterer Inquisitoren und den unvermeidlich folgenden Gang zum Scheiterhaufen. Ein bedrohliches, tieffrequentes Grundgrollen aus Bass, Drums und Keyboards liegt unter diesen zwölf Tiraden. Die höheren Saiten von Gitarre und Banjo und Geige braucht Gottes Rammstein wenig für seinen apokalyptischen Gothic-Americana. Wenn er mit brüchiger Stimme und wie im Fieberwahn seine religiösen Eifereien ächzt, kann sich nicht mal ein unerschütterlicher Agnostiker dem in der Magengrube fühlbaren, massiven Determinismus entziehen. „Mosak“ steht wie ein Monolith am Rande des Höllenschlundes. Kein hohles Spektakel ist das, bloß beunruhigende Überzeugtheit.
Keine billige Besänftigung gibt es hier, nur den quälenden Pesthauch eines bevorstehenden, großen und blutigen Unheils. Das Artwork von Cover und Booklet hat Edwards vermutlich nicht einfach mit schwarzer Tinte gekritzelt. Dieser Mann schläft nicht gut. Womöglich traut er sich gar nicht, die Lider zu schließen. Seine düsteren Visionen sind Furcht erregende musikalische Albträume. Ja, besser, Ihr holt die Kinder jetzt rein. (
