Pete Townshend – Who Came First/ Rough Mix/ Empty Glass/ Scoop
In den bewegten Tagen nach „Tommy“ suchte Pete Townshend wie so viele Kollegen nach Erleuchtung – oder wenigstens nach einem Lichtlein. Seine Songs hatten ja bereits spirituelle und mythologische Übertöne, schon 1967 hatte er sich (22 Jahre alt, überarbeitet und drogeninduziert) den Lehren des dubiosen Inders Avatar Meher Baba zugewandt, der in den letzten 44 Jahren seines Lebens schwieg. Er kommunizierte aber schriftlich so erbauliche Aphorismen wie „Don’t worry – be happy“. Daran hielt Baba sich offenkundig, denn auf den Fotos im Booklet grinst der Schnauzbart immer breit. Gut gelaunt starb der Guru 1969, was eine wahre Tributsucht unter Musikern auslöste. Auch Townshend beteiligte sich an Konzerten und drei Compilations. Zugleich verfolgte er das ominöse „LifeHouse“ -Projekt, das nach einem Auftritt 1971 scheiterte, woraus dann immerhin „Who’s Next“ hervorging. An ein Solo-Album hatte Townshend angeblich nicht gedacht – „Who Came First“ erschien dennoch 1972 als Kompendium aus Überbleibseln von „LifeHouse“und länglichen Baba-Hymnen. Als einen von zahlreichen Bonus-Tracks gibt es Cole Porters „Begin The Beguine“, Babas Lieblingslied. Das inkohärente Album ist voller fernöstlicher Binsenweisheiten und putziger, oft süßlicher Songs, doch enthält es auch bemerkenswerte Gitarrenarbeit und mit „Let’s See Action“ und „The Seeker“ zwei Stücke, die mühelos für die Who umgeschrieben werden konnten. Auch „Rough Mix“ (1977, 2,5) ist eine gemischte Angelegenheit schon insofern, als der Faces-Bassist Ronnie Lane mitwirkte (sporadisch auch Eric Clapton und Charlie Watts). Der brachte bodenständige Folklore mit, während Townshend immerhin die Mini-Oper „Street In The City“ mit Streichorchester, „My Baby Gives It Away“ und „Heart To Hang Onto“ gelangen. Zuwenig, zu spät. Niemand anderes als Heinz Rudolf Kunze informiert in den Liner Notes über den Einfluss von The Band, Henry Miller und „Meister Eckhardt“ (der, glaube ich, nicht so geschrieben wird). Keith Moon sei damals ein „increasingly unpredictable friend“ gewesen (und war bald erwartungsgemäß ein toter Freund).
Erst 1980 hatte Townshend sich wieder einigermaßen im Griff, nach eigener Einschätzung ein Junkie und Alkoholiker, der „Rough Boys“ seinen Kindern widmete, aber dennoch Gerüchten um Homoerotik Vorschub leistete – eine Ambivalenz, die ihn bis heute verfolgt. „Empty Glass“ (3,5) war Townshends erste wahre Solo-Platte, bei der er nichts mehr zu verlieren hatte. Doch war die Flasche nicht leer: Mit mild gestimmten, musikalisch kräftigen Songs wie „Let My Love Open The Door“ und „A Little Is Enough“ deutet er Erlösung an, „Jools And Jim“ attackiert den modischen Terror-Pop-Journalismus von Parsons und Burchill (welcher Rockmusiker würde sich heute in solche Niederungen der Polemik wagen?). Die Songs sind konzis und frei von Kitsch und deshalb erinnerungswürdig, „Let My Love…“ wurde eine Art von Hit.
„Scoop“ (2) schließlich ist eine Sammlung von Demos und Skizzen, die Townshend über die Jahre daheim aufgenommen hat – ein Bericht aus der Werkstatt, von ihm selbst ausführlich kommentiert, aber trotzdem nur von dokumentarischem Wert. Hier gibt es verständlicherweise keine Bonus-Tracks.
Die nächste Lieferung wird die produktivste und erfreulichste Phase im Solo-Schaffen von Pete Townshend betreffen. Termin noch offen.