Paul Simon

Es ist keine Überraschung, dass sich der notorisch introspektive Songschreiber Paul Simon an den notorisch kreativen Klangmagier Brian Eno wandte – wenngleich diese Partnerschaft gegen Ende der 70er Jahre besser geglückt wäre. Es ist auch keine Überraschung, dass Pino Palladino, Steve Gadd und Herbie Hancock die Instrumente zu Enos Soundscapes spielen. Und gleichfalls keine Überraschung ist die Mitwirkung von Tchad Blake beim Mixing des Albums.

Überraschend ist aber doch, dass Simon nach dem etwas angestrengten „You’re The One“ nun gar keine Songs mehr schreiben kann. Die Melodien sind ihm ausgegangen, es bleiben hektische Rudimente der famosen Stücke von „Graceland“, Refrains sind selten geworden. Das stets wiederkehrende „Who’s gonna love you when your looks are gone?“ in „Outrageous“ hält das auseinanderfallende Stück zusammen. In „Sure Don’t Feel Like Love“ fistelt Simon eine Reverenz an sein „Diamonds On The Soles Of Her Shoes“. Die vertraute Stimme klingt gequetscht und verfremdet, immerzu zerren wirre instrumentale Einfälle an dem unschuldigen Stück „Wartime Prayers“ erinnert immerhin an die berühmte Einfühlsamkeit dieses Meisterautors, doch Enos Sound-Aspik und der Chor der Jessy Dixon Singers lassen den Song in Bombast und Kitsch untergehen. Paul Simon sinniert über das Wunder des Lebens, die Vergänglichkeit, die Schönheit, das Selbstbild, die Vaterschaft. Das Musiker-wird-alt-Album also. Und Brian Eno ist auf brutale Weise der falsche Geräuschemacher für Simons Laubsägearbeiten.

Die Texte sind im Booklet wie Prosa angeordnet (und alle Worte, die mit Wasser zusammenhängen, sind herausgestellt) – woran man bereits die Abwesenheit der Song-Struktur erkennt, die Simon früher so raffiniert strapazierte und ausdehnte. Nun setzt er sich ostentativ über sie hinweg. Neigte Simons kultivierter Hang zum Sublimen stets zum Gespreizten, so ist „Surprise“ nun ein Laboratorium der exquisiten Langeweile. Man wird nicht unter seinem Niveau überrascht.