The Black Heart Procession – The Spell

Pall Jenkins gehört zu den wenigen amerikanischen Musikern, die von Beginn an etwas verfolgten, das man im alten Europa wohl eine Vision nennen würde, das ihn in San Diego aber mindestens zum kapitalen Kauz, wenn nicht Staatsfeind promoviert. Seine Spielart des American Goth, grundverschieden vom Geisterbahn-Grusel Marilyn Mansons oder der Zombies Slipknot, auch vom pompösen Theater von Tool und NinelnchNails, vereint höchste Musikalität mit rabiater Melancholie und schwarzer Galle. Mit Three Mile Pilot gelang Jenkins 1992, noch als Jüngling, das einzigartige Monstrum „Na Vucca Do Lupu“, eine Platte, neben der sich „Doolittle“, „Daydream Nation“ oder „In Utero“ wie Kirmes-Pop ausnehmen. Ein kurzlebiger Vertrag mit Geffen Records entsetzte die Firma offenbar bis auf die Knochen.

Mit The Black Heart Procession machte Pall Jenkins tapfer weiter, verlor leider den großartigen Bassisten Armistead Burwell Smith, hat aber den ebenfalls begnadeten Tobias Nathaniel an der Seite, der Piano, Orgel und sporadisch auch Bass spielt. Die Violine bedient Matt Resovich, Lap Steel und Wurlitzer ergänzen manchmal die schleppenden Elegien, die Jenkins mit zerdehntem Gesang vorträgt. Neuerdings legt die Black Heart Procession auch mal kess einen Zahn zu: „GPS“. Vertraute Lyrik dräut zu dem kompakten Hammerstück, das die Red Hot Chili Peppers aus den Socken hauen würde: „All things divide and bend into you/ All things collide in the end.“ Anderweitig führt die Band einen raunenden Totenwalzer auf, wie Leonard Cohen ohne Tanztee-Heimorgel: „I have waited for a spring that never came.“

Kurzum, „The Spell“ ist wieder das reine Vergnügen, wenn auch nicht ganz so beschwingtberückend wie die mexikanische Spritztour „Amore Del Tropico“

von 2002. Es ist wieder bitterkalt in San Diego, und vom Himmel fallen Unglücksraben.

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