Hostel :: Start 27.4.
Radikaler, visionärer, furchterregender als in den 70er Jahren war der Horrorfilm nie wieder. Schreckensmaler wie Hooper, Craven, Carpenter und andere wühlten im Unterbewußtsein und in unseren Eingeweiden, beantworteten gesellschaftliche Auswüchse mit Blutstürzen und allegorischen Mutationen. Nur erschrecken kann man mit den Klassikern heute kaum noch jemanden. Selbst in Zeitlupe zerplatzende Schädel nötigen vielen abgestumpften Gemütern allenfalls ein müdes Grinsen ab. Die Schlagzahl hat sich extrem erhöht, das erste Opfer muss in den ersten Sekunden bestialisch sterben, sonst steigen die Kids gleich aus.
Regisseur Eli Roth („Cabin Fever“) geht trotzdem und gerade deshalb den langen Weg, denn von enthemmten, gewaltgeilen Subjekten handelt auch „Hostel“. Er gönnt den amerikanischen Freunden Josh (Derek Richardson) und Paxton (Jay Hernandez) erstmal ihren Spaß mit Sex und Drogen auf ihrem Trip durch Europa. Gemeinsam mit dem launigen Isländer Oli (Eythor Gudjonsson) ziehen sie zunächst in Amsterdam um die Häuser, dann wollen sie weiter nach Paris. Doch ein Junkie verrät ihnen, wo man die willigsten und schärfsten Weiber treffen kann: in einer Jugendherberge der Slowakei. Absoluter Geheimtipp, abseits aller Touristenpfade. Der marode Bahnhof von Bratislava macht zwar keinen vertrauenserweckenden Eindruck, die luxuriöse Unterkunft aber zerstreut dann alle Zweifel – ein Paradies, in dem sich rassige osteuropäische Mädchen tummeln, die dem Trio bei der Ankunft aufreizend zuzwinkern. Die Hölle sieht verdammt sexv aus.
Doch nach einer ausschweifenden Nacht mit den verführerischen Freundinnen Svetlana (Jana Kaderabkova) und Natalya (Barbara Nedeljakova) ist Oli verschwunden. Er sei abgereist, heißt es freundlich an der Rezeption. Als nach einer weiteren Nacht auch Josh nicht mehr auftaucht, stellt Paxton die beiden Mädchen zur Rede. Sie führen ihn zu einer verlassenen Fabrikhalle, wo er entsetzt eine unfassbare Entdeckung macht: In den Kellern offeriert eine Organisation betuchten Sadisten lebende Menschen zum Foltern.
Roth spart mit Kettensäge, Zange, Skalpell und Bohrer nicht an brutalen und blutigen Schnitten, weidet sich dennoch nicht zu ausufernd an dem bodenlosen Grauen. Zudem kontrastiert er es durch manche sarkastische Pointe wie dem kurzen Auftritt des japanischen Regie-Berserkers Takashi Miike als ernüchterter Kunde. Er überlässt vieles auch der Phantasie und dem Gedanken, dass dieses Szenario nicht ganz so abwegig erscheint in unserer zunehmend pervertierten Welt.
Nach dem sorglosen Treiben am Anfang, der schleichenden Bedrohung im zweiten Akt und dem schmerzhaften Höhepunkt mündet „Hostel“ schließlich in einem Thriller-Finale, das trotz einiger Plotlöcher an die 70er Jahre gemahnt.