Rosanne Cash – Interiors/King’s Record Shop

In einem der vielen autobiographischen Songs von „Interiors“ bekennt Rosanne Cash: „We threw the best parts of our life away on street talk, strangers and drugs.“ Das ist nicht die bittere Anklage eines Richard Thompson an die Adresse der Ex, sondern Sclbstanklage beim Versuch, sich darüber klar zu werden, was da passierte. Vater Johnny hatte bei all seinen Drogenproblemen vor dem Comeback mit dem Auftritt im Knast von Folsom eine starke Frau an seiner Seite gehabt, die ihn vor dem kompletten Absturz bewahrte.

So jemanden fand Rosanne Cash in ihrem Angetrauten offenbar nicht. Drei Jahre vorher hatte zumindest ihre berufliche Karriere mit dem Album „King’s Record Shop“ (4) steil abgehoben. Von Rodney Crowell produziert, waren es ja nicht nurdievier Nr. 1-Hits, die zählten. Ein paar der übrigen sechs Aufnahmen waren mindestens vom selben qualitativen Kaliber – und ihre von allen erfolgreichste Version von John Hiatts „The Way We Make A Broken Heart“ nicht mal die definitive. Da haben Ry Cooder und der Mann selber doch einige vorgelegt, bei denen man noch ergriffener zu hört. Lieder über gebrochene Herzen, verstellte und vorgetäuschte Gefühle, Mißverständnisse und gegenseitigen Mißbrauch in Beziehungen und den langsamen Tod einer Liebe schrieb sie für „Interiors“ dann etliche recht einfühlsame und überzeugende. In „I Want A Cure“ beschreibt sie letzteren Prozeß mit den Versen: „Love seems like a fancy theory/ Farne a substitute for friends/ Those who love me can’t get near me/ Those who don’t are moving in.“ Womit sie mutmaßlich ihre nach dem Bestseller-Erfolg in die Brüche gehende Beziehung meint. Diese Vermutung legen jedenfalls auch die folgenden Verse nahe: „A heart is like a broken window/Pain depends on point of view/ The world may just be slowly stopping/ And no one knows but you and me.“ Ähnlich wie beim letzten Album, „Black Cadillac“, weigert sie sich, öffentlich privateste Gefühle in Songform als eine auch alles offenbarende Beichte vorzutragen. Der letzte Song deutet ziemlich unmißverständlich an, daß Ehebruch – zufällig bei einem mitgehörten Telefonat entdeckt – eine wichtige Rolle spielte. Ihre kleine heile Welt, singt sie, ging daraufhin in Rauch auf. Aber schonungslosen Seelen-Striptease mochte sie mit dieser Platte dann doch nicht betreiben. Strindberg oder Woody Allen blieben außen vor.

Zumindest das verbindet sie mit dem ganz normalen Country-Liedgut: Komische Aspekte kann sie – als Betroffene – dem ganzen cheating und dem Kaputtgehen einer Ehe nicht abgewinnen. Unter den vier Bonus-Tracks der (ganz famos überspielten!) Remaster-Ausgabe sind zwei Aufnahmen, die seinerzeit nur auf dem „Full Session“-Promoteil an Funk- und Pressemenschen verteilt wurden, ihr „Portrait“ und die schöne Aufnahme von Karl Wallingers „All Come True“. Außerdem ein Fernseh-Mitschnitt von „This World“ und eine unplugged ganz wunderbar mit dem nachmaligen Ehemann an der Gitarre aufgenommene balladeske Version von „What WeReallyWant“.

Liner Notes sind in dieser Edition jetzt zwar enthalten, aber schwachsinnigerweise sind dafür die Songtexte nicht mehr wie ehedem beigelegt.

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