Cuba Missouri – This Year’s Lucky Charms
Damen und Herren, schließen Sie bitte die Vorhänge, denken Sie nicht mal im Traum an künstliche Stimmungsaufheller und genießen Sie den rasanten Absturz ins Abgründige. Herrje, sollen diese zehn Songs aus Münster wirklich als „Glücksbringer“ für 2006 den Ton angeben? Dann gute Nacht, Angela.
Die drei Novizen aus der Provinz präsentieren auf ihrem Debütalbum 40 Minuten lang die „german angst“ pur. Langsame und oft depressiv dröhnende Runterzieher, die zart keimenden Optimismus mit einem hermetischen Mehltau aus Frust und lähmender Perspektivlosigkeit ersticken. Den empfindsameren Analysten des Binnenklimas sollte so ein Sound besser nicht zugänglich gemacht werden. Das mußte man schon nach den EPs „My Favourite Bad Idea“ (2004) und „Three Tracks“ (2005) wissen. Die Lust am Leid lauert aber dafür in fast jedem Track des Trios aus Westfalen. In liebevoll gestalteten Ton-Gemälden klingen Electronica, Indierock und Pop, Opulenz und Minimalismus, Harmonie und Dekonstruktion, zarte Akustikgitarren und bratzendes Donnerwetter, feiner Gesang und fies verzerrte Vocals friedlich nebeneinander, na, zumeist. The Notwist, Sonic Youth, Eels oder Sebadoh wehren sich auf vergleichbare Weise gegen die Verschubladung. Ingo Drescher (voc, g), Georg Holtz (bs) und Roland Peiler (dr, p) haben jedoch auch das Talent zur echten Emocore-Hymne, die große Live-Arenen erhellen kannt. Das beweist „Dawn“, mitreißendes Highlight dieses von Kurt Ebelhäuser (Blackmail) produzierten Werks. „Wake up before the day must dawn, before the sun must rise“, croont Drescher zur Orgel im Stile eines Thom Yorke, perfekt sortiert setzen Piano. Elektrische, Baß und Schlagzeug ein. Diese melancholische
Nummernfolge balanciert waghalsig im düsteren Niemandsland zwischen Wachheit und Schlaf.
Unklar bleibt zum Glück: Geht die Sonne wirklich endgültig unter – oder doch noch auf?