Calexico
Garden Ruin
Mehr California, weniger Mexiko: Das Duo wagt und gewinnt wieder
Nur zur Probe? Wollen wir Joey Burns‘ und John Convertinos Projekt mal zum potentiellen Vorbild für die desperate Welt verklären? Seit zehn Jahren fügen sie eher Antagonistisches zusammen. TexMex und Country-Folk, 60s-Jazz und Desertrock. Surf und Fado, Mariachi-Trompeten und Pedal-Steel. Ha, und wie das geht. Keine Spur von einem „clash of cultures“ im Klang aus Tucson. Dafür unüberhörbar, wie aufregend es sein kann, mit unziemlichen Mesalliances der bigotten Bedenkenträger-Allianz beiderseits dummer (Stil-) Grenzen die Messe zu blasen – wenn die Summe ihre Einzelteile nicht diskreditiert. Das ist gewährleistet, und das kreative Duo fokussierte mit multinationalen Kollaborateuren den atmosphärischen Output noch für jedes Album neu.
In einem viktorianischen Dorf im Südosten Arizonas fand das Sextett mit Produzent JD Foster die Inspiration für seine jüngste Wiedergeburt. Im Kaff Bisbee entpuppten sich Calexico 2.06: diesmal also mehr California und weniger Mexiko, weniger Polka und Spaghetti, mehr Pop und Rock, mehr Geradlinigkeit und vor allem mehr Bekenntnis. „Niemals bewegten uns bei der Produktion einer Platte so viele ‚politische‘ Gedanken“, sagt Burns. In „Letter To Bowie Knife“ trümmert die Band gegen religiösen Fundamentalismus, „Cruel“ wettert gegen den korrupten Umgang mit der Umwelt, „Deep Down“ und vor allem die dröhnende Schluß-Kakophonie „All Systems Red“ reden klare Prosa: „I want to tear it all down and build it up again.“
Kurios, daß sich vieles dann doch so nett in die Ohren schmeichelt, wenn auch nicht jeder Haken, den die Melodien schlagen, vorhersehbar ist. Nie sang Joey schöner, und in „Bisbee Blue“ schafft der Sound gar Crowded House-Kuscheligkeit. Zum Cumbia „Roka“ ordern Fans im verwaisten Wüstenrock-Cafe noch mal eine Runde Tequila, Salz und Zitrone – und freuen sich, daß die Formation Risiko geht und trittsicher bleibt. Checriosalud!